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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Corwegh, Robert: Ein Neues Landhaus von Emanuel von Seidl: das Haus G. in Bad Harzburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0072

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Ein neues Landhaus von Emanuel v. Seidl.

I.MANUEL VON SEIDL MÜNCHEN. HAUS G. »BLICK IN DIE UNTERE DIELE«

noch mehrere Fremdenzimmer sowie Wohn-
und Schlafräume des Wirtschaftspersonals. An
den vielfältigen technisch-praktischen Vorkeh-
rungen für den Wirtschaftsbetrieb, die zwar
nicht der Schönheit dienen, erkennt man das
überwachende Auge des technisch gebildeten
Bauherrn. Er sorgte für Arbeit- und Menschen-
ersparnis im Betrieb, für Sauberkeit und Hand-
lichkeit im Maschinellen von Heizung, Lüftung,
Kühl- und Waschanlagen.

Da das Haus selbst mehr für Erholung und
Gastlichkeit bestimmt ist — dem Arbeitszimmer
fehlt ja das für den Ingenieur unerläßliche,
stehende Reißbrett, fehlt die Schreibmaschine
des modernen Büros — wurden die notwendigen
Geschäftsräume in das Durchfahrtsgebäude ge-
legt. Die größere Seite, über der Tür zur
Garage, nimmt die Pförtnerwohnung ein. Die
schön geschwungene Außentreppe führt zum
Privatkontor des Besitzers, darunter liegen Re-
gistratur, Schreibmaschinen- und Zeichenraum
mit Waschtoilette. Das weiträumige Privat-
büro wird von einem großen weißen Kamin
beherrscht. Dem mächtigen Schreibtisch gegen-
über stehen ein Konferenztisch mit Sofa und

wuchtigen Sesseln. Um dem Raum bei aller
wohnlichen Behaglichkeit doch den Charakter
des Geschäftsraums zu wahren, hat der Möbel-
bezug Ähnlichkeit mit der Polsterung unserer
Eisenbahnwagen. — Von der vorgelagerten Ter-
rasse dieses Raumes sieht man auf die Gewächs-
hausanlage und auf den holländischen Garten.

Dieser holländische Garten schließt sich an
die vierte offene Seite des Zierhofes an. Er
soll in seiner gezähmten Natur überleite .1 vom
künstlerischen Bauwerk zum Park, in dem man
nur noch die ordnende Menschenhand spüren
darf. Wohl sind im großen Naturpark die Baum-
gruppen, vor allem mit gewaltigen Koniferen,
an Stellen angepflanzt, die sich dem Ganzen
der Anlage fügen; doch diese Absichtlichkeit
tritt in den Naturobjekten nicht zum klaren Be-
wußtsein. Erst an den Brunnen und Fontänen,
an der Wahl ihrer Plätze spüren wir Künstler-
hand, deren Wirken wie Naturnotwendigkeit
so unauffällig und doch folgerichtig gewaltet hat.

Hinter dem Haus geht dann der Naturpark
allmählich in den Wald über. Seine gewaltigen
Eichen schützen das Haus vor den November-
stürmen. - DR. ROB. CORWEGH.
 
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