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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Jaumann, Anton: Die Aufgaben der Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0085

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Die Aufgaben der Malerei.

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Kr***

^Manuel von seidl München

herrschen wollen. Wo kämen wir hin, wenn
iedes Haus ein architektonisches Experiment
wäre? Auch jene Künstler sind achtenswert,
die dauernderen Aufgaben sich widmen, selbst
wenn sie mit bekannten Mitteln arbeiten. Wa-
rum sollen wir für unsere Wohnräume des
»schönen" Bildes im satten Ton entbehren,
den es als Schmuck braucht, wenn die Herren
t-xperimentatoren gerade bei den grellen Far-
ben sind? Leider hat die bisherige Allein-
achtung der experimentellen Malerei die Folge
gehabt, daß alle Talente mit einiger Begabung
und einigem Ehrgeiz sich ihr zuwenden mußten,
wenn sie sich nicht selbst als Künstler minderen
«■anges vorkommenwollten. So gingen viele dem
eigentlichen Gebiet ihrerBegabung verloren, wo
^e vielleichtbitter entbehrt wurden. TrotzMeier-
^-afe darf gesagt werden, daß, hätte Böcklin
mcht gelebt, ein bedeutendes Manko in unserm
^chonheitsschatz bestünde. Es gibt eine Poesie
im Bild ebenso gut wie im Wort, auf der Bühne
wie in der Musik. Für Gemälde mit tiefpoe-
tischem Gehalt, in einer Darstellung, die des In-
haltes wili-J:-« s - « -

ltes würditf üt V■ Erstellung, die des In-
V°r kur,f v konnen wir nur dankbar sein.
S°U keine Ca, n°ch hieß es- die Malerei
mühen sich I- d . ausdrücken. Heute be-
Wa*nwirdma Pr°Wematiker gerade darum.

man endll<* einsehen, daß nur eines

haus g. »fruhstucks-/.immhr«

Unsinn und Ketzerei ist, nämlich, die Aufgabe
der Kunst auf eine einzige Formel bringen zu
wollen? Verübeln wir es dem Naturfreund
nicht, wenn er an einem stimmungsvoll gemal-
ten Sonnenuntergang seine Freude hat! Wer
das Talent dazu besitzt, möge Geschichte malen,
ein anderer abstrakte „Begegnungen von Rot
und Blau", der eine Zierlichkeiten der Natur,
ein anderer menschliche Schönheit! Die Brech-
ungen des Lichtes wollen ebenso im Bilde ein-
gefangen sein, wie das Mienenspiel eines Cha-
rakterkopfes. Es sei aber auch nicht verwehrt,
kühnste lineare Konstruktionen zu bringen, oder
phantastische Traumgesichle. Wer es vermag,
Gedanken malerischen Ausdruck zu geben, er
soll nicht behindert, nicht belächelt sein. Auch
die Bildnismalerei sollte niemals als minder-
wertig erscheinen. Wer Bildnisse malen kann
in der Qualität eines Holbein oder Marees oder
Lenbach, er ist immer modern, niemand darf
ihm die künstlerische Ehre bestreiten. Zunächst
also wollen wir in der Malerei vor allem gegen
die Unduldsamkeit ankämpfen, sie ist daran
schuld, wenn die Talente ihre eigensten Schaf-
fensgebiete nicht finden und wenn die Stile
heillos verwirrt werden, sodaß Historien im-
pressionistisch und Porträts mit den Mitteln des
Futurismus dargestellt werden, anton jaumann.

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