Die Unerseizbarkeit der Stickerei.
TILLI LORCH-FRANKFURT.
»DECKE MIT TUI.I.STICKEREI«
Filetdecken auftauchen, man wird sie wieder
liebgewinnen, wie man sie nur je geliebt hatte.
Seit es eine Industrie und ein Unternehmer-
tum im heutigen Sinne gibt, ist die Stickerei
immer bedroht gewesen. Von allen denkbaren
Seiten her sind Einbrüche in ihr Gebiet ver-
sucht worden, kein Material, keine Technik, die
nicht zur Imitation von Stickerei mißbraucht
worden wäre. So hat man Buntstickerei durch
Malen, Drucken, Weben, Prägen, Ätzen und
Brennen, Spritzen und wer weiß welche Teufels-
künste noch, täuschend imitiert. Ist die Bunt-
stickerei dadurch zugrunde gegangen? Im Ge-
genteil ! Sie erlebt heute geradezu eine Blüte-
zeit. Aber die Imitationsverfahren, die sind,
wie sie gekommen, wieder dahingeschwunden,
ihre Erinnerung wird nur in alten Modeblättern
und Patentschriften noch festgehalten, zur
Schande und Warnung für kommende Geschlech-
ter. Wo ist der famose „ Seidenglanz" aus Glas-
pulver geblieben ? Wer macht noch Knüpfereien
aus gefärbten Bohnen ? Da haben sie den edlen
königlichen Samt mit glühenden Formen gepreßt
und die Zeichnung in schreiend natürlichen Far-
ben ausgespritzt: — Welch eine wunderbare
Erfindung! Reisende durchzogen ganz Deutsch-
land mit diesem „effektvollen Artikel", der die
Stickerei unbedingt totmachen mußte, und —
der Rest ist Schweigen. Schade um den Samt,
werden auch Sie gesagt haben! Soll ich noch
weitere dieser Ersatzkunststücke anführen? Ich
glaube, es wird ihnen damit zuviel Ehre angetan.
Mögen die Erfinder selbst ihre Imitationen be-
wundern und sich damit begraben lassen! Die
übrige Menschheit hat sie noch immer rasch ab-
gewimmelt, die feste Position der Stickerei ver-
mochten diese Abenteurer nicht zu erschüttern.
Nun will ich Ihnen nur noch, werte Freundin,
zu Ihrer völligen Beruhigung mit ein paar Worten
sagen, warum denn die Stickerei so unersetz-
bar ist, warum die Totschlagsversuche der Imi-
tatoren auch in alle Zukunft vergeblich bleiben
werden und bleiben müssen. Ja, wenn es sich
bei unserer Arbeit nur darum handelte, einen
TILLI LORCH-FRANKFURT.
»DECKE MIT TUI.I.STICKEREI«
Filetdecken auftauchen, man wird sie wieder
liebgewinnen, wie man sie nur je geliebt hatte.
Seit es eine Industrie und ein Unternehmer-
tum im heutigen Sinne gibt, ist die Stickerei
immer bedroht gewesen. Von allen denkbaren
Seiten her sind Einbrüche in ihr Gebiet ver-
sucht worden, kein Material, keine Technik, die
nicht zur Imitation von Stickerei mißbraucht
worden wäre. So hat man Buntstickerei durch
Malen, Drucken, Weben, Prägen, Ätzen und
Brennen, Spritzen und wer weiß welche Teufels-
künste noch, täuschend imitiert. Ist die Bunt-
stickerei dadurch zugrunde gegangen? Im Ge-
genteil ! Sie erlebt heute geradezu eine Blüte-
zeit. Aber die Imitationsverfahren, die sind,
wie sie gekommen, wieder dahingeschwunden,
ihre Erinnerung wird nur in alten Modeblättern
und Patentschriften noch festgehalten, zur
Schande und Warnung für kommende Geschlech-
ter. Wo ist der famose „ Seidenglanz" aus Glas-
pulver geblieben ? Wer macht noch Knüpfereien
aus gefärbten Bohnen ? Da haben sie den edlen
königlichen Samt mit glühenden Formen gepreßt
und die Zeichnung in schreiend natürlichen Far-
ben ausgespritzt: — Welch eine wunderbare
Erfindung! Reisende durchzogen ganz Deutsch-
land mit diesem „effektvollen Artikel", der die
Stickerei unbedingt totmachen mußte, und —
der Rest ist Schweigen. Schade um den Samt,
werden auch Sie gesagt haben! Soll ich noch
weitere dieser Ersatzkunststücke anführen? Ich
glaube, es wird ihnen damit zuviel Ehre angetan.
Mögen die Erfinder selbst ihre Imitationen be-
wundern und sich damit begraben lassen! Die
übrige Menschheit hat sie noch immer rasch ab-
gewimmelt, die feste Position der Stickerei ver-
mochten diese Abenteurer nicht zu erschüttern.
Nun will ich Ihnen nur noch, werte Freundin,
zu Ihrer völligen Beruhigung mit ein paar Worten
sagen, warum denn die Stickerei so unersetz-
bar ist, warum die Totschlagsversuche der Imi-
tatoren auch in alle Zukunft vergeblich bleiben
werden und bleiben müssen. Ja, wenn es sich
bei unserer Arbeit nur darum handelte, einen