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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Gerstenberg, Kurt: Hoffnung auf die deutsche Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0206

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Hoffnung auf die deutsche Kunst.

auf einen tiefen nachhaltigen Eindruck rechnen,
wenn ihr auch formal andere Ausdrucksmittel
zur Verfügung ständen, Ausdrucksmittel, die
noch nicht im Dienste jener überwundenen und
zu Grabe sinkenden bürgerlichen Kunststufe
verbraucht wurden. Es wäre aber ein gefähr-
licher Irrtum zu glauben, daß diese dem geistigen
Gehalt nach nationale Kunst auch rein deutsche
Darstellungsformen finden müßte, daß nun alles,
was an fremde Kunst in Form und Farbe er-
innert, ausgeschlossen wäre. Das wäre eine völ-
ligeVerwirrung der Begriffe, denn dieGesamtent-
wicklung der Darstellungsformen strömt gleich-
mäßig unter den abendländischen Völkern fort.

Vom Impressionismus ist diese Kunst nicht
mehr zu erhoffen. Ein Stoff ist Nebensache,
wenn er nur gut gemalt ist. Diesen Satz hat
der Impressionismus aufgestellt und als allge-
meingültig für die Kunst gepriesen. Aber dieser
Satz steht und fällt mit dem Impressionismus.
Heute kann uns eine solche Kunst nichts mehr
sagen. Heute gilt es Bildgedanken zu haben.
Wo sind die Maler, die sie gestalten? Gedanken
von Heldenverehrung, Begeisterung für Waffen-
taten, Machtgefühl, Ruhmbewußtsein und trun-

kener Siegesfreude. Gewiß will niemandschlecht
gemalte Bilder. Aber ist denn nur die Malerei
gut, die auf den naturalistischen Schein der
Dinge sieht? Und für andere Arten zu malen
gilt der Satz von der Gleichgültigkeit der Stoffe
nicht mehr. Von hier aus sieht man, wie weit
der Impressionismus reicht, wie diese Kunst
nicht die größte Freiheit, sondern die größte
Engherzigkeit darstellt. Und alles andere kann
die Kunst eher ertragen als Engherzigkeit.
Einer künstlerischen Gestaltungsart, die das
Erlebnis in Formen oder Farben neu erbaut,
können die Bildinhalte nicht mehr gleichgültig
sein. Eine solche Kunst aber kann sich auf den
ruhmreichsten Vorgang aus einer Zeit höchster
nationaler Blüte berufen. Das sind die unter-
gegangenen Wandbilder aus Karls des Großen
spanischem Feldzug in der Pfalz zu Aachen.
Wir kennen sie nur aus literarischen Berichten.
Aber nach Art der karolingischen Miniaturen
waren es nicht fade Episodendarstellungen
eines blutleeren Naturalismus, sondern symbo-
lisch-dekorative Stilisierungen, die gehaltvolle
Stoffe zu schlagend monumentaler Großartig-
keit verdichteten............ iSchluß folgt.)

PROFESSOR GEORG HERTING HANNOVER. »RELIEF AM DUVE-BRUNNEX IN HANNOVER«
 
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