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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Heimann, Moritz: Emil Rudolf Weiß
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0237

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Emil Rudolf Weiß.

E. R. WEISS. »HYACINTHEN« 1902.

iAMMLG. BOCHTL1NGK—KARLSRUHE.

elegante Unwahrhaftigkeit, eine temperament-
volle Liederlichkeit oder sonstiges Obenhin
einschmeicheln möchte.

Nicht die Schönheit der Natur, selbst nicht
der Anschauung der Natur, sondern die Schön-
heit des Kunstwerks ist das Ziel. Ich habe
Weiß selbst diese Absichten öfters voll Eifer
und Leidenschaft auseinandersetzen hören;
er pflegt dabei mit Daumen und Zeigefinger
einen Millimeter Distanz zu greifen: „Diese
dünne Schicht auf der Leinwand ist unsere
Aufgabe viel wörtlicher, als man sich gewöhnlich
vorstellt; aus diesen Pasten von Farben, im
Laden zu kaufen, mögen sie von italienischer
Erde oder aus orientalischemKamelmist stammen,
eine neue Materie zu läutern, kostbarer als
Edelsteine, ohnegleichen in der ganzen Natur,
mit den Jahren zu immer tieferer Glut und
Ruhe zusammenwachsend, das ist's, was den
Maler macht!" Es war natürlich, daß er, von
einem solchen Ziel gelockt, weder vom naiv
naturabschildernden Naturalismus, noch vom

Impressionismus seine befreiende, befestigende
Lehre empfing, sondern erst von Cezanne. In
seiner eigenen Seele aber, im wahren Innern,
nicht etwa am Himmel des europäischen Erfolges,
ist ihm dieser Stern aufgegangen; denn Schön-
heit lag in ihm, wie sehr er auch ein Sucher und
Versucher vieler Methoden war, als die Grund-
bedingung, als die Einheit seines künst-
lerischen Triebes.

Eine Zwischenbemerkung drängt sich mir
auf, die etwas lang geraten wird, die aber —
Umweg ist der beste Weg — zur Sache selbst
hinführt. Einige Berliner Kritiker seiner Aus-
stellung haben dem Künstler die Schönheit des
einzelnen Bildes anerkannt, haben ihm aber,
dem Sucher und Versucher, die Einheit der
künstlerischen Persönlichkeit bestritten. Es
will mir scheinen, daß ein Urteil dieser Art
über einen Lebenden und zumal über einen
jungen Lebenden — denn Weiß ist vierzig, und
in der Kunst können dreißig Jahre so gut einen
 
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