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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Heimann, Moritz: Emil Rudolf Weiß
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0244

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Emil Rudolf Weiß.

PROFESSOR Ii. R. WEISS.

»SCHWARZWALD« 1907

nicht angeredet, sondern nur gesehen werden
will. Das Kunstwerk nimmt diese Abwehr der
Natur in sich auf; und der Betrachter, der das
fühlt, fühlt sich je nach seinem Temperament
dadurch in Verlegenheit gesetzt oder in seiner
Eitelkeit gekränkt und ruht nicht eher, als bis er
Mittel undWege gefunden hat, das Stumme reden
zu machen; da liegt es ihm denn am nächsten,
vom Werk auf die Persönlichkeit zu kommen.

Daß hierbei Gescheites und Bedeutendes zu
Tage gefördert werden kann, das zu leugnen
wäre sinnlos. Graf Schack war beinah blind
und brachte seine schönen Bilder auf Grund
eines offenbar rein psychologischen Vertrauens
zusammen. So wird auch einem Kritiker Seelen-
kunde das reine Kunstgefühl bereichern und
zum Teil ersetzen können. Abgeschlossene,
durch den Tod und durch die Vergangenheit

bestimmte Erscheinungen, vor allem die ganz
großen Meister, werden der psychologischen
Untersuchung einen großen Teil ihres wirkenden
Wertes offenbaren. Die Gefahr aber ist, daß
man nach Prinzipien, die dem Toten gemäß
sind, zu früh auch den Lebenden betrachtet;
wobei man oft genug vor sich selbst der Prüfung
entgeht, ob man zu dem Wesentlichen fähig
ist: zu sehen und sich zu freuen.

• • •

Wenn etwa von Weißens Bildern ein Kritiker
sagte: „Ja, jedes einzelne Stück ist schön; aber
zuviele Anregungen und Strömungen der Kunst,
darunter einander widersprechende, bestimmen
ihn; es fehlt die Einheit —", so würde, wenn
wir den zweiten Teil des Urteils vorläufig gelten
ließen, im ersten noch genug enthalten sein,
was uns berechtigte, zu fragen: „Sind es schöne
 
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