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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Heimann, Moritz: Emil Rudolf Weiß
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0249

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Emu Rudolf Weiß.

etwa mit den Tulpen von 1915, und man wird
noch in der Reproduktion erkennen, daß sie sich
zu einander verhalten, wie ein zarter, gebrannter
Tonscherben zu einem Edelsteinkrystall. Vieles
Vergebliche, von ihm selbst rücksichtslos für
vergeblich Gehaltene ist auf diesem Weg, und
ganze Jahre hat er von der Leinwand gekratzt;
aber auch genug an Bleibendem wurde ihm
geschenkt, das dadurch, daß es überholt wurde,
nicht widerlegt ist. Welch eine Erquickung ist
zum Beispiel die Figur des liegenden jungen
Mädchens! welche köstliche, künstlerische
Sinnlichkeit, nicht, weil der Ausdruck im Ge-
sicht oder die Haltung, die halbe Nacktheit
an Sinnliches der Natur erinnern, sondern
wegen der Zärtlichkeit, der Poesie des Pinsels!
— Die Befreiung zur Farbe hatte für Weiß außer

ihrer eigenenBedeutung noch die große Aufgabe,
das Problem der Komposition zumindest vorerst
zu klären. Unter jenen frühen, oben erwähnten
Bildern gab es solche, auf denen Menschen
unsrer Tage, Mann und Frau, in modernen
Kleidern, doch über das Realistische gesteigert,
in bedeutungsvoller Haltung, wie umfangen von
einem stummen, weiten Weltgefühl, gegeneinan-
der standen. Es war Symbolisches in diesen
Bildern, doch sie selbst waren kein Symbol; ein
Dichtergedanke außerhalb ihrer hatte ihnen
vorgewaltet, nicht ein Malergedanke in ihnen
sie organisiert. Weiß, der als einer der ersten
bei uns über Marees mit Enthusiasmus geschrie-
ben hat, erkannte den Mangel, und mit Strenge
entsagte er der dichterischen Lust zu gunsten
der malerischen Pflicht. Er entfernte aus seiner
 
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