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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Gerstenberg, Kurt: Hoffnung auf die deutsche Kunst, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0275

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PROFESSOR JOZSEF PECSI—BUDAPEST.

»PHOTOGR. BILDNIS-AUFNAHME«

HOFFNUNG AUF DIE DEUTSCHE KUNST.

VON DR. KURT GERSTEN BERG.

(SCHLUSS.)

Heute hat die Kunst Darstellungsmöglich-
keiten, auch wieder Bildgedanken auszu-
drücken. Es kommt nicht darauf an, den Reiz
der stofflichen Neuheit zu befriedigen, sondern
darauf, die Zeitinhalte auszuschöpfen. Niemals
gehen Krieg und Kunst zusammen.

Goethe wünscht in der Kampagne in Frank-
reich einen van der Meulen herbei, daß er den
Ruhm des Feldzugs im Bild überliefere. Gewiß
ein bescheidener Wunsch und geboren aus der
Anschauung eines Geschlechts, das sich in den
Befreiungskriegen zufrieden gab mit den land-
schaftlichen Schlachtenbildern eines Kobell und
Adam. Sie vergegenwärtigen nur eben die
Situation, was aber bringen sie von dem Gehalt
der Zeit ? Nirgends schlägt die Stimmung der
Stunde rein durch und zwingt die Herzen in
gleichen Takt. Der einzige Cornelius wäre
hierzu imstande gewesen, aber er lebte in
einer anderen Ideenwelt. Und doch ist in seinen
Linien die bittere Herbheit, in der etwas von

der ehernen Zeit mitklingt. Der Siegerstolz der
Florentiner aber, die in der Schlacht bei An-
ghiari 1440 die mailändischen Truppen unter
Piccinino aufs Haupt schlugen, hat sechs Jahr-
zehnte warten müssen, bis ihn Lionardo 1503
im Karton für alle Ewigkeit formte.

Niemals gehen Krieg und Kunst zusammen.
Heute heißt es sich besinnen auf die Urforderung
aller künstlerischen Gestaltung: das umgebende
Chaos in einen Kosmos zu verwandeln. Jagt
man den tausend Einzelfällen des äußeren Ge-
schehens nach, so verzettelt die Kraft. Wird aber
der Kern, die allgemeine Bedeutung, der Fall
schlechthin herausgeläutert, so strahlt die ge-
sammelte Klarheit weiter fort. Das ist die For-
derung einer Verinnerlichung des künstlerischen
Denkens. Es gilt, an den inneren Bildersinn
zu appellieren und heraufzubeschwören, was
auf dem dunklen Grunde der Seele ruht. Eine
neue Fülle in der Gedankenwelt quillt in un-
seren Tagen hervor, wo eben die ersten neuen

XX. Januar 1917. 4
 
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