Bühnen-Entwürfe von Gustav Wunderwald.
GUSTAV WUNDERWALD. BUHNEN-ENTWURF.
ZU HEBBEL »NIBELUNGEN« DONAU-UFER.
das diese letzte Entwicklungsperiode zum Vor-
schein gebracht hat, gehört dem Rheinländer
Gustav Wunderwald.
Was an Wunderwald besonders aulfällt, ist
seine Vielseitigkeit als Bühnenmaler, der unbe-
dingt sichere Instinkt, mit dem er auf alles
Dramatische antwortet. Walser, Roller, Orlik
haben ihre besondere Note, dem einen liegt
das Lyrische, dem andern das Monumentale,
dem Dritten das Farbig-Phantastische am näch-
sten ; Wunderwald ist vielseitiger, hat das Zar-
teste ebenso wie das Härteste, scheint sich in
einem Frühlingstag im „Eugen Onegin" ebenso
ganz zu geben wie in einem düsteren, auf wenige
Linien gestellten Donaubild in den „Nibelun-
gen", in der Spelunkenatmosphäre des Kellers,
in dem er die Libertinerszene der „Räuber"
sich abspielen läßt, wie in der Heiterkeit von
Mozarts Rokokowelt. Er trifft die seltsame
Schattenstimmung, die das Herodesfest bei
Hebbel hat, gibt dem Sommernachtstraumwald
eine ganz unwirkliche Märchenphantastik und
schafft der „Penthesilea", aus dem innersten
Stil des Werkes heraus, einen völlig unrealisti-
schen Rahmen: Licht fällt von oben auf weißes
Urgestein, während ringsumher wie ein Mantel
schwärzestes Dunkel liegt; aus diesem Dunkel
treten die Gestalten in den Lichtkreis, handeln,
und treten, wenn sie ihre Taten vollbracht haben,
wieder in die Finsternis zurück. —
Wunderwald ist immer ein Einsamer, Eige-
ner, auf sich Gestellter gewesen, dem nie das
Glück vergönnt war, auf einer der zwei, drei
ganz großen Bühnen Deutschlands mit seiner
eigen Arbeit zu wachsen, dem nie die reiche
innere Förderung zuteil wurde, die Roller durch
Mahler, Stern durch Reinhardt empfing. Trotz-
dem — oder vielleicht gerade deswegen — hat
er in seinen Entwürfen für die Szene das Höchste
offenbart, was ein Bühnenmaler überhaupt zu
geben imstande ist: ins Bildhafte, in Form,
Farbe und Atmosphäre, umgesetztes dramatur-
gisches Gefühl............ HEINZ HERALD.
£
l~Ve sogenannte moralische Ansicht ist der größte
Feind der wahren Kunst, da einer der Haupt-
vorzüge dieser leljtern gerade darin besteht, daß man
durch ihr Medium auch jene Seiten der menschlichen
Natur genießen kann, welche dasMoralgesetj mit Recht
aus dem wirklichen Leben entfernt hält. Grillparzer.
GUSTAV WUNDERWALD. BUHNEN-ENTWURF.
ZU HEBBEL »NIBELUNGEN« DONAU-UFER.
das diese letzte Entwicklungsperiode zum Vor-
schein gebracht hat, gehört dem Rheinländer
Gustav Wunderwald.
Was an Wunderwald besonders aulfällt, ist
seine Vielseitigkeit als Bühnenmaler, der unbe-
dingt sichere Instinkt, mit dem er auf alles
Dramatische antwortet. Walser, Roller, Orlik
haben ihre besondere Note, dem einen liegt
das Lyrische, dem andern das Monumentale,
dem Dritten das Farbig-Phantastische am näch-
sten ; Wunderwald ist vielseitiger, hat das Zar-
teste ebenso wie das Härteste, scheint sich in
einem Frühlingstag im „Eugen Onegin" ebenso
ganz zu geben wie in einem düsteren, auf wenige
Linien gestellten Donaubild in den „Nibelun-
gen", in der Spelunkenatmosphäre des Kellers,
in dem er die Libertinerszene der „Räuber"
sich abspielen läßt, wie in der Heiterkeit von
Mozarts Rokokowelt. Er trifft die seltsame
Schattenstimmung, die das Herodesfest bei
Hebbel hat, gibt dem Sommernachtstraumwald
eine ganz unwirkliche Märchenphantastik und
schafft der „Penthesilea", aus dem innersten
Stil des Werkes heraus, einen völlig unrealisti-
schen Rahmen: Licht fällt von oben auf weißes
Urgestein, während ringsumher wie ein Mantel
schwärzestes Dunkel liegt; aus diesem Dunkel
treten die Gestalten in den Lichtkreis, handeln,
und treten, wenn sie ihre Taten vollbracht haben,
wieder in die Finsternis zurück. —
Wunderwald ist immer ein Einsamer, Eige-
ner, auf sich Gestellter gewesen, dem nie das
Glück vergönnt war, auf einer der zwei, drei
ganz großen Bühnen Deutschlands mit seiner
eigen Arbeit zu wachsen, dem nie die reiche
innere Förderung zuteil wurde, die Roller durch
Mahler, Stern durch Reinhardt empfing. Trotz-
dem — oder vielleicht gerade deswegen — hat
er in seinen Entwürfen für die Szene das Höchste
offenbart, was ein Bühnenmaler überhaupt zu
geben imstande ist: ins Bildhafte, in Form,
Farbe und Atmosphäre, umgesetztes dramatur-
gisches Gefühl............ HEINZ HERALD.
£
l~Ve sogenannte moralische Ansicht ist der größte
Feind der wahren Kunst, da einer der Haupt-
vorzüge dieser leljtern gerade darin besteht, daß man
durch ihr Medium auch jene Seiten der menschlichen
Natur genießen kann, welche dasMoralgesetj mit Recht
aus dem wirklichen Leben entfernt hält. Grillparzer.