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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Haendcke, Berthold: Städtische (Provinz-) Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0314

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Städtische (Provinz-) Sammlungen.

V. KNAUER-HASE MÜNCHEN.

GEMÄLDE »STILLEBEN«

geringe Mittel vorhanden, so darf die lokale,
die Heimatkunst den Vorzug verlangen. Auch
dann, wenn, wie es ja nicht selten eintritt, der
künstlerische Wert ein geringerer ist. Der hei-
matliche Charakter muß in solchen Fällen des-
halb höher geschätzt werden, weil es unbedingt
nötig ist, zuerst einmal die Anteilnahme an der
künstlerischen Tätigkeit überhaupt zu erwecken.
Auf diesem rohen, aber festen Boden wird sich
das Interesse für absolute künstlerische Werte
ganz von selbst aufbauen und bei der Frage
alt- oder neuzeitlich muß für die Provinz zu-
nächst stets die Antwort erfolgen: neuzeitlich.
Aus einer Reihe von Gründen. Die Provinz
steht immer und unabweisbar, natürlich gra-
duell verschieden, den Weltstädten nach; daran
ändern selbst die besten Verkehrsverhältnisse
wenig. Am rückständigsten sind die Landes-
teile, in denen der adlige oder nichtadlige Land-
mann vorwiegt; am fortgeschrittensten stehen
die Gebiete da, deren rege kommerzielle Be-
ziehungen das schaffende Leben der Gegenwart

mit seinen erdumspannenden Kräften unmittel-
bar in die Provinz eindringen lassen. Überall
bleibt trotzdem ein provinzieller Einschlag er-
kennbar. Diesen kennzeichnet ein Verharren
bei dem Überlieferten. In Übereinstimmung mit
der geringen allgemeinen Geschmackausbildung
herrscht demzufolge ein ärmeres künstlerisches
Verständnis. Aus diesem Grunde muß die
„Moderne", d. h. die Gegenwart den Vorrang
erhalten. Auch diesmal soll der einheimischen
Arbeit das besondere Augenmerk zugewandt
werden, einesteils um sie zu unterstützen, an-
dernteils um sie zu erziehen. Es darf hinwie-
derum niemals diese Hilfe in solchem Maße
geboten werden, daß der Einheimische als sol-
cher ein Anrecht auf den Ankauf seines Werkes
erwarten kann, ohne eine entsprechende Qua-
lität geboten zu haben. Diese Gefahr liegt aber
nicht nur nahe, sondern sie bricht oft genug
herein. Irgendwelche Sicherheitsventile sind
hier nicht zu schaffen, denn weder künstleri-
sches Gefühl, noch historische Bildung sind un-

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