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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 39.1916-1917

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Zuckerkandl, Bertha: Dagobert Peche, Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.8535#0355

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DAGOBERT PECHE-WIEN.

Friedrich Naumann hat in seinem Standard-
Werk „Mittel-Europa", in welchem er die
Kräfte der verbundenen Mittelmächte wägt und
verteilt, dem österreichischen Kunstgewerbe
eine hervorragende Bedeutung in dem künf-
tigen Wirtschaftsstaat zugesprochen. In Öster-
reichs klassisch gebundenem und dennoch phan-
tasiebeschwingtem Stil sieht er die glücklichste
Harmonie, weil Typus und Individualistik sich
darin die Wage halten. Zu den interessantesten
Künstlern dieser Art muß Dagobert Peche ge-
zählt werden. Dieser der jungen Generation
gehörende Architekt ist eine stark umrissene
Persönlichkeit. Seine Charakteristik: seltsame
Bewegtheit. Peche lenkte in der Tapeten-
Ausstellung des österreichischen Museums
(Winter 1914) zum ersten Mal die Aufmerk-
samkeit auf sich durch die übertriebene Dyna-
mik seiner Formen. Man hätte diese Stühle,
Tische, Kanapees expressionistisch oder futu-
risch nennen können. Denn der junge Künstler

verschmähte es dort einzusetzen, wo die abge-
klärte Entwicklung der führenden Stil-Meister
bereits Typen schaffend angelangt war. Er
lebte seine eigene Sturm- und Drang-Periode
durch, wie einst die Älteren den Jugend-Stil.
Damit aber wurde ihm auch die Kraft als ein
Eigener sich allmählich zu bändigen. Er steht
trotz seines starken Kontrastes zu der klassi-
schen Abgewogenheit des österreichischen Stil-
gefühls dennoch im tiefen Zusammenhang mit
dem reichen Erlebnis der Hoffmann - Schule.
Und Hoffmann war es, der jetzt, weil Architekt
Wimmer als Leiter der Mode-Abteilung zu sehr
in Anspruch genommen ist, sich als zweite für
die Wiener Werkstätte schaffende dekorative
Kraft Dagobert Peche wählte. Es schien ihm
wertvoll, die barocke Note einer leidenschaft-
lich bewegten Phantasie seiner eigenen monu-
mentalen Art entgegenzustellen, um dadurch
Spannungen der Polarität zu gewinnen, die kein
Zur-Ruhe-kommen gestatten. Schon in der

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