Vom Stilleben.
D.PECHE. »DOSE« KERAMIK MIT GOI.DDEKOR.
irgend einen anderen, religiösen
Stoff behandeln, sondern nichts als
eben nur diese unscheinbaren Ob-
jekte der Natur enthalten. Aber
ein Unterschied vom Stilleben be-
steht doch. Die Blätter dieser Art
waren für Dürer nur Studien. Nie-
mals sah er sie für fertige Bilder
an, die einen Anspruch darauf hät-
ten, öffentlich gezeigt und als Ge-
mälde in den Handel gebracht zu
werden. Sie waren ihm nur ein
Mittel, um sein Auge und die
Sicherheit seiner Hand zu vervoll-
kommnen, waren Mittel zum Zweck,
nicht Selbstzweck. Das eigentliche
Stilleben aber, das, was wir heute
so benennen, ist durchaus Selbst-
zweck. — Das wurde es bei den
Niederländern. Auch hier nicht von
heute auf morgen, sondern in einer
allmählichen Entwicklung. Den Aus-
gangspunkt bildeten notwendig
solche religiösen Bilder, auf denen
Früchte, Geräte, Blumen von der
Situation gefordert wurden, wie
etwa bei der Hochzeit zu Kanaa,
Noahs Dankopfer, oder bei der
Schlußszene aus der Geschich-
te vom verlorenen Sohn, die
das dem Heimgekehrten zu
Ehren gefeierte Festmahl schil-
dert. Auf solchen Bildern nahm
allmählich die Ausmalung der
Stillebenelemente einen immer
größeren Raum ein, die reli-
giöse Szene wurde immer mehr
in den Hintergrund gedrängt,
schließlich blieb nur noch ir-
gend eine der Personen übrig,
oft genug eine für die Ge-
schichte sehr gleichgültige; eine
Köchin, ein Bauer in der Tracht
ihres Alltages, bis dann eines
Tages auch diese fortfiel — und
damit war das Stilleben ge-
boren. — Daß diese Ausbil-
dung des Stillebens nun ge-
rade bei den Niederländern
erfolgte, hatte seine tieferen
Gründe. Einmal war bei ihnen
jener allgemein germanische
Hang zur ruhigen und liebe-
ARCHIT. DAGOBERT PECHE—WIEN. »DOSEN IN KERAMIK MIT GOLDDEKOR«
D.PECHE. »DOSE« KERAMIK MIT GOI.DDEKOR.
irgend einen anderen, religiösen
Stoff behandeln, sondern nichts als
eben nur diese unscheinbaren Ob-
jekte der Natur enthalten. Aber
ein Unterschied vom Stilleben be-
steht doch. Die Blätter dieser Art
waren für Dürer nur Studien. Nie-
mals sah er sie für fertige Bilder
an, die einen Anspruch darauf hät-
ten, öffentlich gezeigt und als Ge-
mälde in den Handel gebracht zu
werden. Sie waren ihm nur ein
Mittel, um sein Auge und die
Sicherheit seiner Hand zu vervoll-
kommnen, waren Mittel zum Zweck,
nicht Selbstzweck. Das eigentliche
Stilleben aber, das, was wir heute
so benennen, ist durchaus Selbst-
zweck. — Das wurde es bei den
Niederländern. Auch hier nicht von
heute auf morgen, sondern in einer
allmählichen Entwicklung. Den Aus-
gangspunkt bildeten notwendig
solche religiösen Bilder, auf denen
Früchte, Geräte, Blumen von der
Situation gefordert wurden, wie
etwa bei der Hochzeit zu Kanaa,
Noahs Dankopfer, oder bei der
Schlußszene aus der Geschich-
te vom verlorenen Sohn, die
das dem Heimgekehrten zu
Ehren gefeierte Festmahl schil-
dert. Auf solchen Bildern nahm
allmählich die Ausmalung der
Stillebenelemente einen immer
größeren Raum ein, die reli-
giöse Szene wurde immer mehr
in den Hintergrund gedrängt,
schließlich blieb nur noch ir-
gend eine der Personen übrig,
oft genug eine für die Ge-
schichte sehr gleichgültige; eine
Köchin, ein Bauer in der Tracht
ihres Alltages, bis dann eines
Tages auch diese fortfiel — und
damit war das Stilleben ge-
boren. — Daß diese Ausbil-
dung des Stillebens nun ge-
rade bei den Niederländern
erfolgte, hatte seine tieferen
Gründe. Einmal war bei ihnen
jener allgemein germanische
Hang zur ruhigen und liebe-
ARCHIT. DAGOBERT PECHE—WIEN. »DOSEN IN KERAMIK MIT GOLDDEKOR«