Ruhe ist ihm lieber. Darum stemmt er sich dem Neuen gern entgegen und ist mit
seiner Anerkennung recht zurückhaltend. So kann denn auch der Großherzog nicht
darüber klagen, daß ihn sein Volk mit Huldigungen erdrückt hätte zum Dank für seine
unablässigen Bemühungen; und dem Hoftheater ist bis heute noch kein nervös erregtes,
dankbar teilnehmendes Publikum für seine Uraufführungen herangewachsen; aber die
im Hessenvolk schlummernde künstlerische Begabung und handwerkliche Tüchtigkeit
haben starken Antrieb zur lebendigen Tätigkeit empfangen. Dem eifrigen Zusammen-
wirken überaus zahlreicher junger Kräfte ist es zu verdanken, daß das Darmstädter
Stadtbild unter der Regierung Ernst Ludwigs ein ganz anderes Gesicht bekommen
hat. Alles was in Darmstadt an Bauten, Denkmälern und öffentlichen Anlagen neu
erstanden ist, darf ohne Einschränkung als geschmackvoll, eigenartig und doch unauf-
dringlich gerühmt werden. Meister Messels schlichter, wundervoll harmonischer
Museumsbau, Meister Pützers köstlicher Bahnhof und heiter idyllische Pauluskirche,
Meissners überaus stimmungsvolle Hypothekenbank, Buxbaums mustergültiges Hallen-
schwimmbad und zahlreiche eigenartige und behagliche Villen in den neuen Garten-
vierteln seien als glückliche Merkmale des neuen Darmstadt hervorgehoben. Das Ge-
fühl für die zeitgemäße Schönheit des neuen Stils ist schon so in das Volksbewußtsein
eingedrungen, daß man behaupten darf, es könnte wohl kaum noch ein Architekt oder
Maurermeister hier sein Brot finden, der sich hartnäckig dem Einfluß dieses Stils ent-
ziehen wollte. Wer sich hier anbauen will, der kann sicher sein, daß er selbst von
unbekannten jungen Baumeistern gut bedient wird, während andererseits der Händler
mit kunstgewerblichem Kitsch hier nimmer auf seine Rechnung kommen dürfte. Und
während früher nur die wundervolle landschaftliche Umgebung einen Anziehungspunkt
für den Fremden bildete, lohnt es sich für diesen jeßt in Darmstadt auszusteigen,
nicht nur zu flüchtiger Umschau nach Bädeckerisch besternten Altertümern, sondern
zu genießendem Verweilen bei der Fülle des schönen Neuen...............
Dies schöne neue Darmstadt ist die Tat Ernst Ludwigs!
Ernst Frhr. von Wolzogen.
seiner Anerkennung recht zurückhaltend. So kann denn auch der Großherzog nicht
darüber klagen, daß ihn sein Volk mit Huldigungen erdrückt hätte zum Dank für seine
unablässigen Bemühungen; und dem Hoftheater ist bis heute noch kein nervös erregtes,
dankbar teilnehmendes Publikum für seine Uraufführungen herangewachsen; aber die
im Hessenvolk schlummernde künstlerische Begabung und handwerkliche Tüchtigkeit
haben starken Antrieb zur lebendigen Tätigkeit empfangen. Dem eifrigen Zusammen-
wirken überaus zahlreicher junger Kräfte ist es zu verdanken, daß das Darmstädter
Stadtbild unter der Regierung Ernst Ludwigs ein ganz anderes Gesicht bekommen
hat. Alles was in Darmstadt an Bauten, Denkmälern und öffentlichen Anlagen neu
erstanden ist, darf ohne Einschränkung als geschmackvoll, eigenartig und doch unauf-
dringlich gerühmt werden. Meister Messels schlichter, wundervoll harmonischer
Museumsbau, Meister Pützers köstlicher Bahnhof und heiter idyllische Pauluskirche,
Meissners überaus stimmungsvolle Hypothekenbank, Buxbaums mustergültiges Hallen-
schwimmbad und zahlreiche eigenartige und behagliche Villen in den neuen Garten-
vierteln seien als glückliche Merkmale des neuen Darmstadt hervorgehoben. Das Ge-
fühl für die zeitgemäße Schönheit des neuen Stils ist schon so in das Volksbewußtsein
eingedrungen, daß man behaupten darf, es könnte wohl kaum noch ein Architekt oder
Maurermeister hier sein Brot finden, der sich hartnäckig dem Einfluß dieses Stils ent-
ziehen wollte. Wer sich hier anbauen will, der kann sicher sein, daß er selbst von
unbekannten jungen Baumeistern gut bedient wird, während andererseits der Händler
mit kunstgewerblichem Kitsch hier nimmer auf seine Rechnung kommen dürfte. Und
während früher nur die wundervolle landschaftliche Umgebung einen Anziehungspunkt
für den Fremden bildete, lohnt es sich für diesen jeßt in Darmstadt auszusteigen,
nicht nur zu flüchtiger Umschau nach Bädeckerisch besternten Altertümern, sondern
zu genießendem Verweilen bei der Fülle des schönen Neuen...............
Dies schöne neue Darmstadt ist die Tat Ernst Ludwigs!
Ernst Frhr. von Wolzogen.