Die Geburt des Impressionismus.
Zeichnung, wie auch im halbvollendeten Bilde.
Da war mehr Wucht, mehr Frische, reinere Farbe
und mehr technischer Witz. Und die Maler ent-
deckten auch in ihren eigenen Skizzen — vor
allem während des Arbeitens — diese Reize,
die so unmittelbar aus dem Pinsel und aus den
Farben der Palette flössen. Das Entscheidende
war nun, daß sie beschlossen, diese Reize nicht
wieder hinwegzufeilen. Sie ließen stehen, was
ihnen in ihrer Malerherrlichkeit gefiel.
Das war ein Schritt. Die nächsten mußten
bald folgen. Die Farben, wie sie frisch und
blank auf Palette und Pinsel saßen, waren
eigentlich doch viel kraftvoller, feuriger, gehalt-
reicher, „farbiger" als das trübe Braun und
Grau, das sich bisher über die Bilder ergoß.
Man wagte es also, die Farben unvermischt zu
geben, und man ließ auch die so seltsam leben-
digen einzelnen Pinselschläge stehen, wie sie
eben auf die Leinwand aufgesetzt waren.
Aus einem solchen anfänglichen Hazardspiel
ist dann wohl der ganze französische Impres-
sionismus hervorgegangen. — Aber nun ge-
schah das Merkwürdige. Diese Malereien,
mit all ihrer Flüchtigkeit und Unmittelbarkeit,
schienen den Malern die Welt als Schein
viel überzeugender und sinnfälliger wieder-
zugeben, als alle die mühseligen Fertigbilder,
die die Welt abzuschreiben versucht hatten.
Die lebendige Technik ersetzte die Lebendig-
keit des Lichts, der Atmosphäre, der Be-
wegung. Um diese wiederzugeben, sagte man
nun in erklärlicher Selbsttäuschung, wäre eine
ganze Umwälzung unternommen worden.
Wenn der Impressionismus so entstanden
ist, wie hier angedeutet wurde, dann mußten
ihn auch Pinsel und Palette wieder töten.
Und so ist es auch gekommen, während die
Periode der „Reizsamkeit" und der Wissen-
schaftlichkeit unverändert weiterwährt... a. j.
LENE SCHNEIDER-KAINER. GEMÄLDE »KINDERBILDNIS«
Zeichnung, wie auch im halbvollendeten Bilde.
Da war mehr Wucht, mehr Frische, reinere Farbe
und mehr technischer Witz. Und die Maler ent-
deckten auch in ihren eigenen Skizzen — vor
allem während des Arbeitens — diese Reize,
die so unmittelbar aus dem Pinsel und aus den
Farben der Palette flössen. Das Entscheidende
war nun, daß sie beschlossen, diese Reize nicht
wieder hinwegzufeilen. Sie ließen stehen, was
ihnen in ihrer Malerherrlichkeit gefiel.
Das war ein Schritt. Die nächsten mußten
bald folgen. Die Farben, wie sie frisch und
blank auf Palette und Pinsel saßen, waren
eigentlich doch viel kraftvoller, feuriger, gehalt-
reicher, „farbiger" als das trübe Braun und
Grau, das sich bisher über die Bilder ergoß.
Man wagte es also, die Farben unvermischt zu
geben, und man ließ auch die so seltsam leben-
digen einzelnen Pinselschläge stehen, wie sie
eben auf die Leinwand aufgesetzt waren.
Aus einem solchen anfänglichen Hazardspiel
ist dann wohl der ganze französische Impres-
sionismus hervorgegangen. — Aber nun ge-
schah das Merkwürdige. Diese Malereien,
mit all ihrer Flüchtigkeit und Unmittelbarkeit,
schienen den Malern die Welt als Schein
viel überzeugender und sinnfälliger wieder-
zugeben, als alle die mühseligen Fertigbilder,
die die Welt abzuschreiben versucht hatten.
Die lebendige Technik ersetzte die Lebendig-
keit des Lichts, der Atmosphäre, der Be-
wegung. Um diese wiederzugeben, sagte man
nun in erklärlicher Selbsttäuschung, wäre eine
ganze Umwälzung unternommen worden.
Wenn der Impressionismus so entstanden
ist, wie hier angedeutet wurde, dann mußten
ihn auch Pinsel und Palette wieder töten.
Und so ist es auch gekommen, während die
Periode der „Reizsamkeit" und der Wissen-
schaftlichkeit unverändert weiterwährt... a. j.
LENE SCHNEIDER-KAINER. GEMÄLDE »KINDERBILDNIS«