Sichtbare Schönheit als Ausdruck der Seelenkultur.
R.L. F.SCHULZ
BERLIN.
»HÄNGE-
LEUCHTER«
zuahmen, von sich aus wirken. Wenn ich Kunst
hervorbringe oder Dichtung, dann geschieht es,
weil ich auf dem Grund meiner Seele eine
geistige Kraft spüre, die meine Gestaltung
leitet; aber ich lasse mich auch wieder von der
gleichen Seelenkraft leiten, wenn ich nach per-
sönlichem Geschmack auswählend verfahre und
demgemäß meine Umgebung gestalte, gleichviel
ob ich es mit ganz einfachen oder mit reichen
Mitteln tun kann. Nach diesem Prinzip wähle
ich mir die Menschen meines Umganges und
wähle mir die Dinge meines Gebrauches oder
meines Schönheitsbedürfnisses, also wahlver-
wandtschaftlich, wofern die Menschen und
Dinge zu mir gehören und mit meinem Inneren
in Harmonie leben sollen oder ich mit ihnen.
Ich nehme sie von meinem Seelenstandpunkt
aus als geistige Wesen, die mich innerlich an-
sprechen; insoferne sind die Gegenstände
meiner Geschmackswahl zugleich auch Aus-
druck meiner Seelenkultur. Diese Seelenkultur
kann eine hohe oder niedere sein, je nach dem
Grad meiner Erkenntnis und Fähigkeit; aber
sie kann niemals eine ganz schlechte sein, wenn
ich das individuelle geistige Gesetz des Edlen
in mir erkannt und angefangen habe, darnach
zu leben. Wer anfängt darnach zu leben, wird
die anfänglichen Irrtümer schon bald selber
gewahr werden und nach einer gewissen Zeit
sich wie von selbst in Übereinstimmung mit
dem Besten der Welt befinden, je nach seinem
individuellen Gesetz.
„In allen meinen Taten — Lass' ich den
Höchsten raten", singt derMystikerPaul Fleming.
Der Höchste, das ist jenes göttliche Gesetz,
der Sternenhimmel in der eigenen Brust, die
innere Stimme, wofern man den Seelengrund
und seine Weltzusammenhänge in sich erkannt
hat. Es wird soviel über Geschmacks-Erziehung
gefaselt und Vorschläge werden laut, eine Art
Geschmacks-Kunde in der Schule einzuführen,
um der Jugend einzuprägen, was sie für schön
und für häßlich zu finden hat. Ich halte die
Schematisierung des natürlichen und unbeschol-
tenen Schönheitsgefühlsfür verhängnisvoll. Man
kann das absolut Häßliche an den Pranger
R.L. F.SCHULZ
BERLIN.
»HÄNGE-
LEUCHTER«
zuahmen, von sich aus wirken. Wenn ich Kunst
hervorbringe oder Dichtung, dann geschieht es,
weil ich auf dem Grund meiner Seele eine
geistige Kraft spüre, die meine Gestaltung
leitet; aber ich lasse mich auch wieder von der
gleichen Seelenkraft leiten, wenn ich nach per-
sönlichem Geschmack auswählend verfahre und
demgemäß meine Umgebung gestalte, gleichviel
ob ich es mit ganz einfachen oder mit reichen
Mitteln tun kann. Nach diesem Prinzip wähle
ich mir die Menschen meines Umganges und
wähle mir die Dinge meines Gebrauches oder
meines Schönheitsbedürfnisses, also wahlver-
wandtschaftlich, wofern die Menschen und
Dinge zu mir gehören und mit meinem Inneren
in Harmonie leben sollen oder ich mit ihnen.
Ich nehme sie von meinem Seelenstandpunkt
aus als geistige Wesen, die mich innerlich an-
sprechen; insoferne sind die Gegenstände
meiner Geschmackswahl zugleich auch Aus-
druck meiner Seelenkultur. Diese Seelenkultur
kann eine hohe oder niedere sein, je nach dem
Grad meiner Erkenntnis und Fähigkeit; aber
sie kann niemals eine ganz schlechte sein, wenn
ich das individuelle geistige Gesetz des Edlen
in mir erkannt und angefangen habe, darnach
zu leben. Wer anfängt darnach zu leben, wird
die anfänglichen Irrtümer schon bald selber
gewahr werden und nach einer gewissen Zeit
sich wie von selbst in Übereinstimmung mit
dem Besten der Welt befinden, je nach seinem
individuellen Gesetz.
„In allen meinen Taten — Lass' ich den
Höchsten raten", singt derMystikerPaul Fleming.
Der Höchste, das ist jenes göttliche Gesetz,
der Sternenhimmel in der eigenen Brust, die
innere Stimme, wofern man den Seelengrund
und seine Weltzusammenhänge in sich erkannt
hat. Es wird soviel über Geschmacks-Erziehung
gefaselt und Vorschläge werden laut, eine Art
Geschmacks-Kunde in der Schule einzuführen,
um der Jugend einzuprägen, was sie für schön
und für häßlich zu finden hat. Ich halte die
Schematisierung des natürlichen und unbeschol-
tenen Schönheitsgefühlsfür verhängnisvoll. Man
kann das absolut Häßliche an den Pranger