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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 67.1930-1931

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Nemitz, Fritz: Zur Soziologie der Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.7202#0103

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Zur Soziologie der Kunst

OTHON FKIESZ—PARIS

»HAFEN VON TOULON« 19Ü8

würde. Wie weit die soziologische Fragestellung
fruchtbar werden kann, hängt zunächst von der
Fragestellung selbst ab und von der möglichst
vielseitigen Durchdringung des Gebietes mit
den ihm eigentümlichen Kategorien.

Welche neuen Gesichtspunkte bringt nun
die soziologische Fragestellung? Während die
Kunstgeschichte die Phänomene in einseitiger,
einreihiger Weise beschrieb oder deutete, geht
die Soziologie davon aus, daß alle geistig-kul-
turellen wie auch die ökonomisch-sozialen Bil-
dungen auf den jeweiligen vieldeutigen gesell-
schaftlichen Grundlagen des Lebens aufruhen
und daß diese wiederum zwar nicht allein, aber
doch stark durch den ökonomisch-technischen
Stand der Gesellschaft bedingt sind. (Das ist,
um einem etwaigen Mißverständnis vorzu-
beugen , nicht marxistisch gedacht. So wenig
die materialistische Geschichtsauffassung noch
haltbar ist, so wichtig sind ihre soziologischen
Befunde. Ein Rest freilich von Materialismus
steckt in jeder soziologischen Fragestellung.
Wie man aber in die Sphäre der Wirklichkeit

eindringen soll, ohne von ihr zu reden — wie
es von Ideologien oder Hypothesen aus ge-
schieht — ist schwer vorzustellen.)

Ein anderer und vielleicht der wichtigste
Unterschied von den Methoden der Kunst-
historie ist der, daß, während diese die Phä-
nomene der Kunst, den Wandel und Ablauf
der Stile usw. als gegeben voraussetzt, die
Soziologie in die Sphäre der Wirklichkeit,
des wirklichen, widerspruchsvollen
Kunstgeschehens selbst eintritt.

Und noch ein anderer Unterschied sei ange-
deutet. Während die Ästhetik die Erschei-
nungen der Kunst aus einem — an sich
durchaus möglichen — Prinzip ableitete (etwa
dem Begriff des schöpferischen Menschen oder
dem der Intuition, oder dem der Abstraktion
und Einfühlung, oder dem Raum-Problem)
und dieses Prinzip verabsolutierte, sucht die
Soziologie den Anteil all der anderen, von
außen gegebenen Prinzipien zu berücksichtigen.
Während z. B. die normative Ästhetik, die,
soziologisch gesehen, die Übertragung und Ent-
 
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