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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 67.1930-1931

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Zu den Gemälden von Georg Kars
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https://doi.org/10.11588/diglit.7202#0299

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ZU DEN GEMÄLDEN VON GEORG KARS

Ruhe, Dämpfung ist in der Welt der Kars'-
v sehen Bilder; aber nicht Dämpfung zur
Schwäche hin, sondern zu einer Erdschwere
hin, die in sonoren Farben, als ein Element von
Dauer und Gelassenheit seine Gemälde durch-
kühlt. Er ist frühe, nach Absolvierung akade-
mischer Studien in München, nach Spanien ge-
kommen. Velasquez und Goya haben starken
Eindruck auf ihn gemacht. Man könnte denken,
er habe ein Etwas von dem Ernst, von dem spe-
zifischen Gewicht dieser Spanier in sein Werk
herübergenommen. Es lastet nicht. Es wird zur
Stille; zu jenem ruhigen Aushalten, mit dem seine
Frauen ihr Gesicht darbieten; ihre ganze Exi-
stenz, wie die ruhevollen, verschwiegenenFrauen
Renoirs, ohne Ziererei, ohne inneres Gegen-
streben. Es ist eine sehr faktische Welt. Fast
könnte man sagen: die Kunst dieses Tschechen
lebt ganz aus den Antrieben des Stillebens.
Er kann Dinge, wie einen Krug, einen Leuchter,
eine Büchergruppe, mit einem gelassenen Ernst
in ihrem Bestand darlegen. Er hat Sinn für die
eingeborene Bedeutung und die ruhende Pracht

alles Seins. Er gerät nirgends ins Schmachten.
Die zarte Schönheit seiner Farben bleibt immer
etwas sehr Bestimmtes, Männliches und Festes.
Er kennt die sämtlichen Register der exquisiten
Farbenbrechung, aber seine Linien bleiben kräf-
tig, die Absetzungen charaktervoll; das Ganze
behält einen Zug von fast graphischer Geistes-
stärke. Kars' Weltbild mag am Anfang, zur
Jugendzeit, in der Gefahrzone dämonischer Be-
drängnis gelegen haben. Paris, das ihm zur
Wahlheimat wurde, hat wohl mit seinen men-
schenläuternden Kräften die entscheidende Be-
freiung gebracht: das Begreifen, das geistige
Erfassen kam zur Herrschaft, aber wunderbar
sieht man das Lebendige hier vom Geist be-
treut, gefaßt und gehegt. Es gibt Aspekte in
seiner Kunst, die ihn in die Nähe Karl Hofers
rücken. Das heißt ihm Gewicht und mensch-
liche Bedeutung zugestehen. Das heißt ihm eine
Lebensstimmung zusprechen, die den Blick ins
Dunkel kennt, aber auch eine Solidität, die stand-
zuhalten weiß und manchmal sogar zur Leich-
tigkeit kommt, wo das Schmückende angeht. .

XXXIV. Februar 1981. 1
 
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