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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 67.1930-1931

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V.C.H.: Neue Bucheinbände und Leder-Arbeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.7202#0353

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FACHKLASSE ENGEL—HANNOVER

»LEDERBANDE MIT HAND VERGOLDUNG«

NEUE BUCHEINBÄNDE UND LEDER-ARBEITEN

In der von H. Engel geleiteten Fachklasse
und Werkstatt für Bucheinbände und Leder-
arbeiten sind in letzter Zeit wieder einige Ar-
beiten entstanden, von denen die hier beige-
gebenen Abbildungen einen guten Eindruck
vermitteln. Engel, einer der bekanntesten
Meister des Bucheinbandes, zwingt seinen
Schülern kein Schema auf, und man kann nicht
sagen, daß sich die Schüler wie kleine Engel
gebärden. Dieser in den sog. freien Künsten
und im Kunstgewerbe oft feststellbare und sehr
lächerlich wirkende „Erfolg" ist hier nur des-
halb vermieden, weil Engel offenbar Verständ-
nis für das Wesentliche zu wecken versteht
und der tatsächlichen Gestaltungsart ganz freie
Hand läßt. Die an sich schon beschränkten
Gestaltungsfaktoren, von denen gleich zu
sprechen ist, haben ja überhaupt hinter dem
rein Handwerklichen zurückzutreten, bezw. nur
Sinn und Berechtigung, wenn die hier geltenden
Voraussetzungen erfüllt sind. Dies — etwa
die Verarbeitung der echten Bünde usw. — zu
vermerken, ist umsomehr Anlaß, als die Abbil-
dungen davon keinen Begriff geben können. Im
übrigen bleiben sinnvolle Wahl des Materiales,

Schrift und Ornamentgestaltung und Vorsatz-
papiere die wesentlichen Ausdrucksmittel. Was
die dem Inhalt angepaßt erscheinende Wahl des
Materiales betrifft, dürfen die Einbände zu
„Afrika singt" (Japanfaserpapier) und zu Luthers
Kl. Katechismus (schwarzes Oasenziegenleder)
alsbesonders passende bezeichnetwerden. Wie
hier ist eine übertriebene Anpassungssucht
auch in der Schriftgestaltung vermieden. Der
geschichtlich gewordene Charakter des Buches
und auch der Schrift, also Rechnen mit gewohn-
ten Gegebenheiten, bewahren auch hier vor
billigen Extravaganzen. Immerhin zwingt Engel
seine Schüler zu einer gewissen Annäherung
an den Buchgehalt dadurch, daß er die Schüler
die Schrift selbst zeichnen läßt, die aus ver-
schiedenen Linienstücken zusammengesetzt und
eingedruckt wird. Vergleichsweise gelungen
und als naheliegende Anpassungen erscheinen
etwa die Schrift auf dem Einband der 4 Evan-
gelien und zu R. M. Rilke: Sonette an Orpheus.
Die Ornamentgestaltung möglichst aus dem ge-
gebenen Werkstoff selbst zu gewinnen, ver-
deutlicht wohl am besten der Einband zu
Klabund: Rasputin. Hier ist auf dem links
 
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