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Lucka, Wilhelm [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 27): Landkreis Uelzen — Braunschweig, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.44438#0014
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Haupthof des älteren Wichmann Billung und Bienenbüttel als Witwensitz seiner Frau.
Ebenfalls urkundlich belegt ist der Haupthof Hermann Billungs in Gerdau. Durch ver-
schiedene Schenkungen kamen zahlreiche Dörfer aus dem Billunger Besitz an die Klö-
ster St. Michaelis in Lüneburg und Kemnade an der Weser. Als 1106 die Billunger
ausstarben, begann der Aufstieg der Welfen. 1142 wurde Heinrich der Löwe mit dem
sächsischen Herzogtum belehnt. Wichtige Lehnsleute der Welfen stammten aus Uelze-
ner Adelsfamilien oder erhielten Lehen im Uelzener Raum, wie die Grafen von Schwerin.
Im 13. und 14. Jh. wurde das Villikationssystem, in dem ein Verband von Höfen durch ei-
nen vom Grundherren eingesetzten Meier verwaltet wurde, abgelöst durch die Einrich-
tung herzoglicher Vogteien. Dabei wurde die durch landschaftliche Gliederung bedingte
Einteilung der alten sächsischen Gobezirke weitgehend beibehalten. Im Norden des
Kreises wurde Bienenbüttel zum Verwaltungssitz für die Billungisch-Welfischen Güter in
diesem Raum. Die Vogtei Bienenbüttel kam später unter den Einfluß der Großvogtei
Winsen/Luhe.
1365 wurden erstmals Vögte auf der an strategisch günstiger Stelle erbauten Burg Bo-
denteich eingesetzt, die damit zum Hauptstützpunkt landesherrlicher Macht wurde. Das
Amt Bodenteich, dem auch die Vogtei Suderburg unterstellt war, umfaßte ca. zwei Drittel
des heutigen Landkreises und umschloß auch die selbständigen Gerichtsbezirke von
Oldenstadt, Uelzen und Holdenstedt.
Bedeutung als Verwaltungssitze erlangten auch die Klöster. Bereits 966 wurde das Klo-
ster Oldenstadt gegründet durch Bischof Bruno von Verden, einen Verwandten Her-
mann Billungs. Sein umfangreicher Besitz lag vor allem im östlichen Teil des Kreises
Uelzen. Im Westen wurde das Benediktinerinnenkloster Ebstorf, 1197 urkundlich er-
wähnt, durch den Erwerb von Gütern und Rechten zum Mittelpunkt kirchlicher und welt-
licher Macht im früheren Go Ebbekestorpe, der weit über die heutige westliche Kreis-
grenze hinaus bis nach Munster reichte. Auch das Zisterzienserinnenkloster Medingen,
seit 1336 im heutigen Medingen ansässig, festigte seine herausragende Stellung durch
Erwerb zahlreicher Besitzungen, vor allem im früheren Go Bevensen. Im Zuge der von
Herzog Ernst dem Bekenner 1528/29 durchgeführten Reformation wurden die Kloster-
güter in den Besitz des Landesherrn überführt; Medingen, Oldenstadt und Ebstorf wur-
den ebenso wie vorher schon Bodenteich zu fürstlichen Ämtern.
Die Einteilung der Ämter blieb bis zum Ende des 18. Jh. weitgehend unverändert. 1795
wurde die Vogtei Bienenbüttel aufgelöst und dem Amt Medingen zugeteilt. 1817 wurde
das Amt Oldenstadt, das bisher nur den Ort selbst umfaßt hatte, durch Herauslösung von
Teilen des Amtes Bodenteich vergrößert, und 1852 durch eine weitere Abtretung größe-
rer Gebiete erweitert. Die Veeste Oerrel und Munster wurden 1852 von Ebstorf getrennt.
Nach der Einziehung des restlichen Amtes Bodenteich und der Auflösung des Amtes
Ebstorf blieben 1859 nur noch die Ämter und Amtsgerichte Medingen und Oldenstadt
bestehen. Mit der Preußischen Kreisordnung für das 1866 annektierte Königreich Han-
nover wurde dann 1884/85 der Landkreis Uelzen mit der Kreisstadt Uelzen geschaffen.
Dessen Landrat hatte seinen Dienstsitz in dem alten Amtshaus in Oldenstadt. An den
Grenzen zu den heutigen Kreisen Lüneburg und Lüchow-Dannenberg erfolgten im 20.
Jh. nur noch kleinere Veränderungen, zuletzt mit der Gemeindereform des Jahres 1972.
Eine Sonderstellung besaß von Anfang an die Stadt Uelzen. Die Neugründung erhielt
1270 das Lüneburgische Stadtrecht und war im Mittelalter eine bedeutende Handels-
stadt mit überregionalen Verbindungen. Nach einer Periode wirtschaftlichen Nieder-
gangs und Stagnation in der Neuzeit begann in der 2. Hälfte des 19. Jh. mit dem Ausbau
des Eisenbahnstreckennetzes ein neuer Aufschwung, der bis in die heutige Zeit an-
dauert.
Seine Grundlage bildeten Entwicklungen in der Landwirtschaft des Fürstentums. Ge-
meinheitsteilung und Verkoppelung, durch die Gemeinheitsteilungsverordnung von
1802 geregelt, und die Ablösung der Feudallasten nach den Ablösungsgesetzen von
1831/33 hatten auch im Landkreis Uelzen zur Entstehung einer Schicht freier Bauern mit
Verfügung über ihr Grundeigentum und zu einer Vergrößerung der intensiv bewirtschaf-
teten Flächen geführt. Die produktionssteigernde Wirkung dieser Reformen wurde ver-
stärkt durch Verbesserungen der Anbaumethode nach wissenschaftlichen Erkenntnis-
sen. Der Landwirtschaftliche Provinzialverein (seit 1830), die Wiesenbauschule in
Suderburg (seit 1853) und die Provinzialackerbauschule „Georgsanstalt“ in Ebstorf (seit
1855) haben wesentlichen Anteil an der Entwicklung einer intensiven und vielseitigen
Landwirtschaft. Die Firmen zum Vertrieb und zur Verarbeitung der landwirtschaftlichen
Produkte wie auch zur Versorgung der Landwirte mit den notwendigen Betriebsmitteln
entwickelten sich zu den bestimmenden Gewerbezweigen des Landkreises. Heraus-
ragend unter diesen sind die 1883 gegründete Zuckerfabrik in Uelzen und die 1910/17
gegründeten Saatzuchten in Ebstorf zu nennen.

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