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Lucka, Wilhelm [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 27): Landkreis Uelzen — Braunschweig, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.44438#0015
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Die Absatzmöglichkeiten für landwirtschaftliche Produkte wurden vor allem durch die
den Kreis durchquerenden Eisenbahnstrecken erweitert, von denen die Linien Ham-
burg-Hannover (seit 1847) und Bremen-Salzwedel (seit 1873) bis zum Zweiten Welt-
krieg die Wichtigsten waren. Die Bahnlinien und Straßen, die seitdem den Austausch
von Personen und Gütern mit den Großstädten Hamburg, Hannover, Braunschweig und
Bremen ermöglichen, wurden 1976 durch den Elbe-Seitenkanal ergänzt.

Siedlungsformen
Bestimmend für die Lage der Dörfer in der Landschaft ist zumeist die Nähe zu einem der
zahlreichen Wasserläufe. Die meisten Dörfer sind in Talrandlage auf der unteren Terras-
se eine Bachtales, das heißt zwischen den höher gelegenen Ackerflächen und den Wei-
den in der feuchten Talaue angelegt. Auch Talschlußlagen mit einer Gruppierung der
Höfe im Halbkreis rund um die Quellniederung als oberes Ende des Tales kommen vor
(Dreilingen). Seltener sind Kuppenlagen (Klein Süstedt) oder Talsohlenlagen (Bode).
Unter den im Kreisgebiet vertretenen Dorfformen lassen sich vor allem Haufendorf, Rei-
hendorf, Rundlingsdorf und Einzelhof als Haupttypen unterscheiden. Misch- und Ent-
wicklungsformen entstanden durch Änderungen in der Parzellierung, der Straßenfüh-
rung, des Gebäudebestandes sowie Erweiterungen oder Zerstörungen.
Vorherrschend im Gebiet westlich der Ilmenau sind Haufendörfer, sie finden sich je-
doch auch in der östlichen Hälfte des Kreisgebietes. Die Endungen ihrer Namen und ver-
einzelte archäologisch gesicherte Spuren lassen eine Entstehung vor dem Jahre 1000
für viele Orte als wahrscheinlich gelten. Ihre Anlage weist keine Zeichen einer planvollen
Lenkung der Siedlungstätigkeit auf. Die Dörfer bestehen aus 6 bis 10 Höfen und einer
unterschiedlich großen Anzahl von Koten und Brinksitzern. Charakteristisch für Haufen-
dörfer ist die unregelmäßige Anordnung der Hofanlagen auf unterschiedlich geformten
Grundstücken in einem Netz von Dorfstraßen. Zum Teil liegen die Gebäudegruppen der
Höfe dicht beieinander, besonders in Dörfern mit einer großen Zahl kleinerer Höfe wie in
Barum oder Oldenstadt. Andere Haufendörfer zeigen dagegen eine aufgelockerte
Struktur, die besonders bei Dörfern an dem nordwestlichen Rande des Kreisgebietes,
z.B. Wettenbostel und Holthusen I vorkommt. Hier liegen die Höfe weit auseinander und
sind durch kleinere Weiden voneinander abgesetzt. Die ursprünglichen Voll- und Halb-
höfe eines Dorfes liegen oftmals bevorzugt am Grünland der Talaue, während die durch
Hofteilung oder Nachsiedlung geschaffenen Höfe dahinter zu den Ackerflächen hin
gruppiert sind. Der Meierhof liegt am Rande des Dorfes, oft am Flußübergang einer über-
örtlichen Straße. Später geschaffene Hausstellen, wie die Abbauerstellen des ausge-
henden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts oder die ab ca. 1880 vermehrt gebauten
Landarbeiterhäuser setzen die Bebauung entlang der Durchgangsstraße fort, oder lie-
gen, wie in Gerdau, deutlich abgesetzt vom alten Ortskern auf der anderen Seite des Ba-
ches. Bei dem Wiederaufbau nach Brandkatastrophen, die den ganzen Ort zerstörten,
wurden Straßennetz und Parzellenstruktur nachträglich geordnet, so 1801 in Stadensen
und 1893 in Holxen.
Zu den ursprünglichen Siedlungsformen gehört auch das Reihendorf, bei dem die Höfe
entlang der Bachaue aufgereiht sind und an ihrer dem Acker zugewandten Seite durch
eine Straße erschlossen werden. Ausgeprägt ist diese Form bei Ellerndorf zu erkennen,
wo der Eindruck der linearen Form noch durch eine lange durchgehende Feldstein-
mauer entlang der Straße verstärkt wird.
Die Erweiterung der ursprünglich einreihigen Anlage durch Um- und Ansiedlung von Hö-
fen auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist in Brockhöfe schon zu Beginn des 19.
Jahrhunderts zu belegen. Auch die Reihendörfer haben 6 bis 10 Höfe. Thielitz mit vier
Höfen bildet eine Ausnahme. Die Hauptgebäude standen ursprünglich rechtwinklig zu
der Straße in der Mitte des Hofes, Ende des 19. Jahrhunderts begann jedoch die trauf-
ständige Aufstellung an den nunmehr begradigten Dorfstraßen.
Einzelhöfe und Kleinsiedlungen mit zwei bis drei Höfen kommen im gesamten Kreisge-
biet vor. Zum Teil sind sie nachweislich bereits im Hochmittelalter Einzelhofanlagen ge-
wesen, wie Gut Nienbüttel, ein früherer Meierhof des Klosters Ebstorf, und Lutmissen
mit zwei Höfen. Zum Teil sind sie aufgrund von Wüstungsprozessen gegen Ende des
Mittelalters oder im 30jährigen Krieg aus vorher größeren Dörfern entstanden. Andere
Einzelhöfe wurden erst im 19. Jahrhundert gegründet, wie Gut Golste bei Natendorf.
Weit ab von den Dörfern lagen häufig auch die Mühlenhöfe, wie die Rockenmühle zwi-
schen Jelmstorf und Varendorf.
Das Verbreitungsgebiet der Rundlingsdörfer reicht nördlich der Kreisstadt bis an die
Ilmenau heran. Südlich davon kommen auch in der Stadenser Bucht Rundlinge vor,

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