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Lucka, Wilhelm [Hrsg.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 27): Landkreis Uelzen — Braunschweig, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.44438#0009
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Vorwort

Das Gebiet des heutigen Landkreises Uelzen bildet einen Teil des alten Bardengaus. Bis
zur Mitte des 1. Jahrtausends ist das Gebiet an der Ilmenau das Kernland der Langobar-
den gewesen. Nach ihrem Abzug im 5. Jahrhundert drängten von Norden die Sachsen,
von Osten die Slawen nach. Unter Karl dem Großen wurde der Bardengau die Grenz-
mark des Frankenreiches gegen die Slawen. Ludwig der Deutsche setzte sächsische
Gaugrafen ein, eine Vorstufe zum späteren Stammesherzogtum Sachsen. Otto der Gro-
ße schließlich übertrug die Aufgabe der Sicherung dieses Gebietes Hermann Billung und
bekleidete ihn mit der Herzogswürde. Nach der eineinhalb Jahrhunderte währenden
Herrschaft der Billunger kam das Herzogtum Sachsen im 12. Jahrhundert über Lothar
von Süpplinburg an das Weifenhaus. Von größter Bedeutung ist also in diesem Grenz-
gebiet stets die Ostgrenze gewesen, die sich aus der topographischen Struktur ergab:
Sie verlief auf der osthannoverschen Endmoräne und war bis in die jüngste Vergangen-
heit eine natürliche Völkergrenze.
Die Moränenlandschaft der Lüneburger Heide prägt das Landschaftsbild des Landkrei-
ses Uelzen durch ausgedehnte Kiefernforsten, die auf den ehemaligen Heideflächen an-
gelegt wurden. Vor allem entwickelte sich jedoch in der sanft bis lebhaft gewellten Land-
schaft eine intensive und hochentwickelte Landwirtschaft. Überwiegend geschlossene
Bauerndörfer finden wir in der westlichen Hälfte des Landkreises, während in der Ost-
hälfte Einflüsse des benachbarten Wendlandes aus den Rundlingsdörfern spürbar wer-
den. In vielen Fällen sind den alten Bauerndörfern großflächige neuere Wohngebiete
angelagert, besonders den Dörfern nahe der Kreisstadt Uelzen, dem geografischen wie
historischen Zentrum des Uelzener Beckens. Die im Quellgebiet der Ilmenau gelegene
Stadt entstand aus der Vereinigung eines billungischen Klosters in Oldenstadt mit einem
Handelsplatz. Und es war kein Zufall, daß sich unweit im Wald südlich des Dorfes Hös-
seringen, also nicht minder zentral gelegen, auch der alte Landtagsplatz für das Fürsten-
tum Lüneburg entwickelte, an dem unter freiem Himmel die Stände zusammentraten.
Über Jahrhunderte ist der Landkreis durch die Landwirtschaft geprägt worden; so
stammt auch der größte Teil der Baudenkmale aus der Kategorie der ländlichen Bauten.
Ihr Bestand wird heute vor allem bedroht durch die tiefgreifenden technologischen und
strukturellen Entwicklungen in der Landwirtschaft, die gleichzeitig auch das dörfliche Er-
scheinungsbild und die Struktur der Dörfer verändern. Die Hauptgebäude der Bauern-
höfe repräsentieren den Wandel bäuerlicher Wohn- und Wirtschaftsformen vom 17. bis
zum 20. Jahrhundert. Das Flettdielenhaus als regional verbreitete Form des Niederdeut-
schen Hallenhauses machte eine Entwicklung durch von den Zweiständerbauten über
die Vierständerbauten in Fachwerk hin zu den Hallenhäusern in Ziegelmauerwerk, die
am Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend abgelöst wurden durch massive Hauptge-
bäude mit repräsentativen, straßenorientierten Wohnteilen und vereinzelt auch freiste-
henden Wohnhäusern. Weitere Zeugen bäuerlicher Wirtschaft sind die Nebengebäude:
Treppenspeicher, Hofschafställe, Scheunen und die für die Heidelandschaft typischen
Außenschafställe.
Besondere Baudenkmale des ländlichen Raumes sind die zahlreichen Kirchen und Ka-
pellen sowie die z.T. geschichtsträchtigen Adelshöfe mit Herrenhäusern aus dem 18.
und 19. Jahrhundert. Die kirchlichen Bauten sind überwiegend den Epochen der Gotik,
des Klassizismus und der Neugotik zuzuordnen. Herausragende kirchliche Baudenk-
male von überregionaler Bedeutung sind die beiden traditionsreichen Heideklöster
Ebstorf mit seiner Backsteinhallenkirche aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
und Medingen mit seinem spätbarocken Konventsgebäude aus den Jahren 1781 bis
1788 sowie die in Feldstein erbaute romanische Klosterkirche in Oldenstadt. Allen drei
Klöstern sind Amtshöfe mit Amtshäusern und zahlreichen älteren Wirtschaftsgebäuden
angegliedert. Als einzige erhaltene Burg des Kreises ist die Burg Bodenteich mit früh-
neuzeitlichen Gebäuden zu erwähnen.
Das Bild der Kreisstadt Uelzen wird entscheidend geprägt durch die Marienkirche, ei-
nen dreischiffigen Hallenbau aus dem 13./14. Jahrhundert. Um sie gruppieren sich im
alten Stadtkern Bauten des 17., 18. und 19. Jahrhunderts; repräsentative Bürgerhäuser
und öffentliche Gebäude der Gründerzeit sowie eine geringere Anzahl technischer Bau-
ten in den Erweiterungsgebieten vervollständigen das städtische Gepräge.

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