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Lucka, Wilhelm [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 27): Landkreis Uelzen — Braunschweig, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.44438#0081
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Linsingenstraße 19,1921, Stadtbaurat Schmäh Waldstraße 3,1901

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die im
Westen und Norden angrenzenden Flächen
erschlossen und nach und nach bebaut. Die
Siedlungsgebiete der zwanziger und der fünf-
ziger Jahre erhielten mit dem Sternplatz einen
gemeinsamen Mittelpunkt und werden seit-
dem als Sternviertel bezeichnet.

Einen zweiten Wasserturm erbaute 1940 die
Deutsche Reichsbahn nahe dem Güterbahn-
hof an der Straße An den zehn Eichen. Der
Wasserbehälter ist hier nach außen hin nicht
sichtbar, sondern im Innern eines zylindri-
schen Ziegelbaus mit Kegeldach unterge-
bracht. Das oberste Geschoß des wehrturm-
artigen Gebäudes wird durch eine Blendarka-
de mit Rundbögen betont.
Bereits 1919 wurde die Anlage eines neuen
Elektrizitätswerkes notwendig. Das Werk wur-
de auf einem für die Anlieferung von Kohlen
günstig gelegenen Grundstück nahe des
Bahnhofs erstellt (Auf dem Rahlande 17).
Kernstück der Gebäudegruppe ist die Kraft-
zentrale, bestehend aus einem dreigeschos-
sigen Hauptkörper, dem an beiden Traufsei-
ten und einer Giebelseite zweigeschossige
Flügel vorgelagert sind. Die Gestaltung des
Putzbaus (Entwurf wohl von Stadtbaurat
Schmäh) folgt der zeittypischem vom Werk-
bund beeinflußten Industriearchitektur. Die
Kolossalordnung der Wände wird dabei an
den Giebelseiten durch eine aus der Zusam-
menziehung von Giebel und Gebälk gebildete
Großform überdeckt.

Eine Bautätigkeit in größerem Umfang setzte
erst nach dem Ersten Weltkrieg ein. 1919
stellten die Architekten Wendthut und Wolff für
den Gemeinnützigen Bauverein Uelzen einen
Bebauungsplan für eine Kleinwohnungsanla-
ge auf in dem Bereich von Sternstraße, Ziegel-
hofstraße, Nothmannsweg, Linsingenstraße
und Baumschulenweg, der weitgehend reali-
siert wurde. Erkennbar wird das Bemühen,
durch die Anordnung der schmucklosen Putz-
bauten städtebauliche Wirkungen, wie Raum-
bildungen und Torsituationen, zu erreichen.
Die Zuordnung von Selbstversorgungsgärten
führte zu einer insgesamt aufgelockerten
Siedlungsweise.
Unter den außerhalb der Siedlung vom Ge-
meinnützigen Bauverein gebauten Häusern
fallen zwei Gruppen von jeweils zwei glei-
chen nebeneinanderstehenden Mehrfamilien-
wohnhäusern auf. Bei Baumschulenweg 31
und 33 (1927) werden die Eingangstür und
das darüberliegende Treppenhausfenster
durch prismenförmige Pfeiler eingefaßt, die
risalitartig über die Traufe hinausreichen (Ent-
wurf Pfeiffer). Eingang und Treppenhaus von
Linsingenstraße 10 und 12 werden durch Zie-
gelmauerwerk in Ziersetzungen markiert, in
gleicher Weise sind die Loggiabrüstungen von
den verputzten Wandflächen abgesetzt. An
der Linsingenstraße und Ebstorfer Straße
wurden von Privatpersonen weitere freiste-
hende Ein- und Zweifamilienhäuser gebaut,
die z.T. gleichartige Gestaltungselemente
aufweisen. Unter diesen ragt die Villa des
Stadtbaurates Schmäh heraus, ein zweige-
schossiger Putzbau unter Walmdach mit sorg-
fältig proportionierten Fassaden. Der durch
Dreier-Fenstergruppen in den seitlichen Ach-
sen und Lisenen streng gegliederten Straßen-
front ist in der Mittelachse die verglaste qua-
dratische Veranda vorgebaut (Linsingenstra-
ße 19,1921).

Aus den dreißiger Jahren ist noch die Gebäu-
degruppe des Fischerhofes zu erwähnen. Der
Fischerhof an den historischen Fischteichen
im Stadtwald war bis 1867 Ausmarschziel der
Uelzener Schützen und im übrigen ein belieb-
tes Ausflugslokal der Uelzener Bürger. 1937
wurde das Gasthaus mit einem Musikpavillon
neu erbaut. Das Gasthaus, ein dunkler Ziegel-
bau mit stark vorgezogenem Eingang wird
heute als Jugendherberge genutzt (Entwurf
Stadtbaurat Schmäh).

DIE WOHNBEBAUUNG
Bis zum Ersten Weltkrieg entstand keine
Wohnbebauung in dem bereits durch Straßen
erschlossenen Gebiet westlich der Bahn. Aus-
nahmen bildeten villenartige Gebäude am
landschaftlich reizvollen Südrand des Stadt-
waldes. An der Waldstraße wurde 1901 die
Villa Pistor des Besitzers der Asbest- und Kie-
selgurwerke, errichtet, ein stattlicher Bau im
Landhausstil mit einem Obergeschoß in Zier-
fachwerk auf einem massiven verputzten Erd-
geschoß. Über die durch vielfältige Dachaus-
bauten, unter anderem einen schönen Schau-
giebel an der Gartenseite, lebhaft bewegte
Dachlandschaft ragt ein viergeschossiger
Turm. Das gut erhaltene Gebäude wurde
1955 renoviert. Um 1905 wurde Ebstorfer
Straße 37 gebaut, eine zweigeschossige Villa,
deren rauh verputzte, dunkel gestrichene
Wände durch die glatt gequaderten, weiß
gestrichenen Fensterumrahmungen und Eck-
lisenen akzentuiert werden. An der Südseite
befindet sich eine Veranda mit einem von
Säulen getragenen Balkon.

An den 10 Eichen, Wasserturm, 1940

Auf dem Rahlande 17, Elektrizitätswerk, 1919

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