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gebildet. Die gekrönte Madonna sitzt auf einem Throne, mit offenem Haare, hält mit der linken
Hand das Jesuskind mit dem Weltapfel und in der rechten den Scepter. Zu ihren Füssen in
einem eingebogenen Schilde ist das D. 0. Kreuz in schwarzem Email, als das zwölfte der
ganzen Kette. Zwölf ßalleien hatte der D. 0. zur Zeit seiner Blüthe, 12 Ordensschilde
sollten sie repräsentiren und alle unter dem Schutze der Madonna stehen. Zum Modell für
den Guss des 6 Cent, langen „Anhängsels“ diente das alte Hochmeistersiegel, wie dieses in
schwarzem Wachse auf einer Urkunde des Hochmeisters Anno von Sangershausen (er regierte
von 1257 bis 1274) im D. 0. Central-Archive in Wien erscheint. Die Hochmeister in Preussen
siegelten nämlich nie mit dem preussischen Kreuze, sondern stets mit einer Stampille, worauf
die thronende Madonna mit dem Jesuskinde. Die Arbeit ist vortrefflich, und charakteristisch
genug liess der Giesser, während er alles stark im Feuer vergoldet hatte, die Fleischtheile, also
das nackte Jesuskind und die Hände und das Gesicht der Madonna, in mattem Silber. Schon
dieser Umstand, auch abgesehen von der Formgebung der Schwerter, der Schilde und des ganzen
Faltenwurfes, weist mit der Technik auf die zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts hin, in die
Regierungszeit des Deutschmeisters Ulrich von Lentersheim (1454—1479).

Lentersheim liebte dergleichen Schmucksachen; er hat, wie dies D. 0. Inventare von 1632
nachweisen, ein eigenthiimliches bischöfliches Brustgehänge mit dem preussischen und deutsch-
meister’schen Lentersheim’schen Wappen anfertigen lassen, welches 1642 in der Schlacht bei
Leipzig mit mehreren anderen D. 0. Kostbarkeiten verloren ging. In den D. 0. Inventaren erscheint
diese Deutschmeisterkette schon 1606 als „eine silber-vergoldete Kette mit Schwertern und das Ordens-
Wappen, darunter U. L. F. mit dem Jesuskinde.“ Als im Jahre 1619 der D. 0. Schatz aus
Mergentheim auf Mainau flüchten musste, ward diese Kette bei der Einpackung also beschrieben:
„Eine altfränkische, deutschmeister’sche, silber-vergoldete Kette, daran U. L. F. Bildniss mit dem
Jesuskinde und deutschmeister’schen Wappen mit schwarzem Kreuze. Liegt in dem ganz gol-
denen kaiserischen Becher.“' In Mainau blieb diese Kette in dem goldenen Pokale Kaisers Karl V.
liegen, und so geschah es, dass, als 1632 wegen abermaliger Flüchtling der D. 0. Schatz in
Mainau revidirt wurde, man diese Kette in das neue Inventar einzuzeichnen gänzlich vergass.
Dies geschah erst wieder 1642, und zwar zu Rodenegg, wohin bereits 1632 ein grosser Theil
des D. 0. Schatzes aus Mainau überführt wurde. „Eine Kette von 12 Glaichen (sic) in die
Länge gemacht, mit 10 deutschordischen Wappen und U. L. F. Bild, sammt dem Kreuzschild.“
Der Schreiber zählte den obersten und untersten Schild der Kette nicht mit, weil er den ersten
als Agraffe zum Anhängen an den Rücken des Trägers, wesshalb daran auch ein Häkchen, und
den letzteren als zur Madonna gehörig unberücksichtigt liess. Richtig zählte die Ordensschilde
das Inventar zu Mergentheim 1660: „Eine silberne, vergoldete Schwertkette mit 12 Ordens-
schildlein und angehängtem U. L. F. Bilde;“ ebenso das Haupt-Inventar von 1673 „eine silberne
vergoldete alte teutschmeister’sche Kette mit 11 silbernen Schildlein und darauf geschmelzten
D. O. Schilde mit anhangendein Bilde St. Maria, Jesum haltend. Zu ihren Füssen auch ein D. O.
Kreuz geschmelzt. Wiegt 15 y2 Loth.“ Da dieses Inventar zur Basis aller nachfolgenden diente,
so wiederholt sich in ihnen mit grösserer oder kleinerer Abkürzung diese Beschreibung, also

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