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Kronberg’s Cocosnuss-Becher.

so sehr durch das Material, als vielmehr durch ihre belehrende Form machen sich
jpfcT die beiden mit Silber montirten Kronberg’schen Becher bemerkbar. Sie stehen in ihrer
Arbeit so recht an der Schwelle der Uebergangsperiode aus der sinnreichen, in wunderlich
geformten Thieren und Pflanzen redenden, durch mystische, symbolische Zeichen nur dem inneren
Auere begreiflichen Gothik zu der für das äussere Auge berechneten, die äusseren Sinne fesselnden
Renaissance. Wie der des Schreibens Unkundige seinem Gedächtnisse durch gewisse traditionell ge-
wordene Zeichen nachhilft, so der Künstler des Mittelalters. Er war wohl im Stande ein Kunst-
werk, ein Bild herzustellen, aber nicht immer befähigt, den Commentar dazu zu schreiben und
zugänglich zu machen. Sein Stein, sein Metall musste durch sich selbst reden, und dies Bedürfniss
drängte zur Symbolik. Als aber die dämonische Kunst des Buchstabensetzens den einmal durch die
Type fixirten Gedanken schrankenlos forttrug und zum Gemeingute erhob, verliess sich der Künstler
bei seiner Arbeit auf das erklärende Wort, und es schwand aus dem Bilde die steinerne oder
metallene Hieroglyphik. Das Werk ward dem inneren Auge entrückt, und dafür, um zu blenden,
einzig und allein dem äusseren zugeführt — Gothik — Renaissance. An unseren zwei Bechern
sehen wir diese beiden Kunstrichtungen im Kampfe. Der zum Theil vergoldete Fuss als Sechs-
pass mit getriebenen Buckeln in Birnform (geflammt), mit speienden Drachen in den Ecken, der
Knopf in richtiger Flöhe bei Nr. 1, die schön modellirte Krone, eine verjüngte Wieder-
holung der unteren 6 Buckeln, die als Träger den Becher dann umschliesst — Alles Erinnerungen '
aus dem früheren Jahrhunderte — und oben darauf die unzierliche Ausbauchung und Bereifung
einer Cocosnuss, deren Deckel in einen prosaischen vergoldeten Silberknopf endet! Ein Glück,
dass der Arbeiter dieses Bechers noch im Besitze der alten Modelle war; denn wer einen so
nichtssagenden Knopf auf ein Prunkgefäss setzt, der kann unmöglich so edle Formen ausdenken,

Dudik, Kleinodien des Deutschen Ritter-Ordens.

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