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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 9.1934

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Börner, E. P.: Ein Beitrag für künstlerisch angewandte Schrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.13712#0023

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Was heute in dem Maschinenzeitalter verloren ging, das
schrieben und malten einst mönchische Gottsucher, Meister und
Diener, in wunderbar farbigen Initialen, prächtiger Illustrationen
in apokalyptischen Bildern guter und böser Geister auf
goldenem Grunde. Man erinnert sich z. B. an den berühmten
Codex aurius aus St. Emeran Regensburg, den Ottonencodex
von Aachen und vieler anderer.

Es waren geistige Bildner, Künstler, denen es Beruf und
Lebensaufgabe war. Bis in das 19. Jahrhundert hinein verlieren
sich die letzten Ausläufer einer hohen Buch- und Schreibekunst.
Die Inkunabeln des 18. und 19. Jahrhunderts bilden so ziemlich
das Ende, bis die tieferen Schönheiten von dem nüchternen
Zeitalter der Utilität, die Erscheinung unserer maschinen-
technischen Errungenschaften in den Vordergrund traten. Aber
damit ging auch zu Grunde die innere Verbundenheit, das
Verständnis vom Material und seiner hand-werklichen Be-
handlung.

Wir haben es rein maschinentechnisch so herrlich weit
gebracht, daß wir das Geschriebene drucken und punzen, und Entwürfe für Münzen von E. P. Börner, Meißen,

das Gedruckte und Gepunzte zu schreiben und malen ver-
suchen, und verkennen dabei völlig, daß wir die charak-
teristischen Forderungen, sagen wir einer Prägenotwendigkeit

für Schrift und Bild einer Münze ignorieren und die deutsche Betrachten wir doch ernster die Entwicklung unserer Münz-
Schreibeschrift hineingraben wollen. Die Eigenart gepunzter gestaltungen, die auch hier vom Werkstoff ausgehend die Vor-
und gestichelter Schriftbilder mit dem Schreibcharakter einer bedingungen geschaffen haben, so erkennen wir an den frühen
Federschrift zu versehen, hieße nichts anderes, als eine Begriff:- Brakteaten wie Griffel, Stichel und Punze das Bild und die
und Materialverwechslung vornehmen. Schrift einer Münze, durch das Einschlagen und Graben einen

Alte Münzen aus der Sammlung Otto Horn, Meißen. Obere Reihe von links: Bernhard von Askanien / Herzogtum Braunschweig 1277—1330 Ältester Meißner
Groschen , England Robert II. Untere Reihe: Lübeck , Kreuzer Sigismund von Tirol / Lucca Kaiser Friedrich II. / Böhmen Wratislaw I. / Bistum Münster um 1250.

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