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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 9.1934

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Börner, E. P.: Ein Beitrag für künstlerisch angewandte Schrift
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Morgenroth, Hilmar: Möbel im Rahmen des Ehestandsdarlehens
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https://doi.org/10.11588/diglit.13712#0024

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völlig anderen Charakter für Jahrhunderte und Tausende
bestimmt hat.

Hierbei sollen die innerlich bestimmenden Momente der
Antiquaschrift für ein Wertmaß bestimmter Hoheitszeichen
einer humanistischen Hoch-Zeit völlig unberührt bleiben.

Es tut heute mehr denn ie not, daß wir uns der mit dem
Material verbundenen Technik besinnen, damit wir uns nicht
aus einem Wertmaß bestimmter Forderungen und Tendenzen
in fachlich technische Gebiete verstricken, deren Verirrung eine
Vergewaltigung des Materials bedeuten würde.

Halberstadt / Wenzel II., König von Böhmen, Luxemburg. Sammlung
Otto Horn, Meißen.

Möbel im Rahmen des Ehestandsdarlehens

HILMAR MORGENROTH

Das Reich erleichtert Tausenden von Volksgenossen durch
das Ehestandsdarlehen die Eheschließung und erreicht gleich-
zeitig dadurch eine Wirtschaftsbelebung. Da das Darlehn
ausschließlich für die Einrichtung des Heimes gegeben wird,
kommt der größte Teil der ausgegebenen Summe dem Möbel-
gewerbe zugute. Die erfreulichen Auswirkungen zeigen sich
darin, daß ein großer Teil der Tischlereibetriebe wieder voll-
beschäftigt arbeitet, und zwar nicht nur die Großbetriebe,
sondern gerade auch die mittleren und kleinen Handwerks-
betriebe, denen ;a die Hilfe besonders zugedacht war. Auf-
gabe des Handwerkers ist es nun, Möbel zu schaffen, die
dem Wesen der jungen Generation entsprechen. Die jungen
Menschen sind nicht sentimental, sie stehen voll und ganz in
der Wirklichkeit. Sie verlangen Klarheit in allen Lebenserschei-
nungen. „Mehr sein als scheinen" isf für sie Geleitwort.

Das sollte auch der Handwerker und im besonderen der
Tischler beachten, dann würden seine Erzeugnisse dem Wesen
unserer Zeit entsprechen, und die innige Verbundenheit wäre
erreicht. Leider sieht es in der Wirklichkeit anders aus. Die
».enigen wirklich guten Erzeugnisse der Möbeltischlerei sind
neist so teuer, daß sie für die Allgemeinheit demzufolge aus-
scheiden. Die meisten Volksgenossen sind angewiesen auf
die Serienerzeugnisse der Möbelindustrie, für die leider in
den meisten Fällen „mehr scheinen als sein" zutrifft und dadurch

geradezu in Widerspruch zum Wesen unserer Zeit stehen.
Das gab mir Anlaß, in engster Zusammenarbeit mit meinem
Tischlermeister Möbel zu schaffen, bei denen Preis, Ausführung
und Brauchbarkeit in einem guten Verhältnis stehen. Sie sollen
nichts Endgültiges, Unabänderliches sein, sondern sollen dem
Interessenten nur Anregung geben. Er soll an seinen Möbeln
durch eigene Wünsche und Ideen teilhaben. Aufgabe des
Handwerkers ist es dann, die materialgerechte und zweckhafte
Form dafür zu finden.

Bei den abgebildeten Möbeln handelt es sich um eine
Wohnküche und ein Schlafzimmer. Sie bilden den Grundstock
des Heimes und lassen sich jeweilig nach Bedarf und vor-
handenen Mitteln erweitern. Besonderer Wert ist auf beste
handwerkliche Verarbeitung gelegt. Als Material wird Sperr-
holz mit Kirschbaum-, Eiche- oder Rüsternfurnier verarbeitet.
Die Oberflächenbehandlung wird entsprechend den Wünschen
der Auftraggeber vorgenommen. Im allgemeinen werden sie
nur mattiert, so daß die natürliche Holzfarbe erhalten bleibt.
Der Preis beträgt 950 RM.

Könnten nicht so die Erzeugnisse des Handwerks Vorbild
für die serienweise Herstellung der Möbelindustrie werden? —
Wenn dies erreicht wäre, würden wir einen gewaltigen Schritt
in der Wohnkultur unseres Volkes vorwärts tun, denn das
natürliche Bedürfnis für diese Möbel ist vorhanden.

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