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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 9.1934

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Späing, Eleonore: Zum Masaverfahren
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Schmidt-Hellerau, Karl: Zum Preisausschreiben des Kampfbundes für deutsche Kultur und der Deutschen Werkstätten A.-G.
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https://doi.org/10.11588/diglit.13712#0035

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Zum Masaverfahren

ELEONORE SPÄING

Seitdem dieses Masaverfahren in seiner jetzigen Ausführung
bekannt ist, macht der Verband Deutsche Frauenkultur in seinem
Wirkungskreise Front dagegen.

Warum? Weil es „tut als ob", weil es unwahr ist. Eisen
soll „wie Holz aussehen" oder „wie Marmor", und „Kiefernholz"
wie „Nußbaum" usw.

Die Menschen, die „Masa" anwenden mögen, zeigen, daß
sie die Gesinnung des Dritten Reiches nicht verstanden haben.
Es gibt heute keine soziale Schichtung mehr in dem Sinne, daß
der leitende Kaufmann oder Akademiker menschlich „höher"
steht, als der Arbeiter. Entscheidend ist, wie man seinem Berufe
und seinem Vaterland gegenüber seine Pflicht tut. Infolge-
dessen hat auch keiner mehr nötig, sich mit Dingen zu umgeben,
die seiner finanziellen Leistungsfähigkeit nicht entsprechen, und
wenn er sie sich nicht leisten kann, so zu tun „als ob". Es
hat mit der menschlichen Wertschätzung nichts zu tun, ob man
in Kiefern oder kaukasisch-Nußbaummöbein wohnt. Wenn ein
Arbeiter Leder liebt, so soll man ihm das Leder nicht dadurch
„zugänglich" machen, daß man ihm Lederimitation gibt, die
womöglich noch nach Wachstuch riecht. Zu den Kiefernmöbeln
wäre aber noch folgendes zu sagen: Es wird jetzt viel von
Rasse gesprochen und von Volksgesundung und Bodenständig-

keit. Das bleibt aber überwiegend Theorie, wenn man diese
Verbundenheit zu Volkstum und Boden nicht über das Körper-
liche hinaus auf alles ausdehnt, und wenn wir nicht fühlen
und begreifen — im Herzen und mit der Hand —, daß das
in unserer Heimat gewachsene Holz schön ist und uns nah. (Das

gleiche gilt für Wolle und Leinen, die aus deutscher —Land--

Wirtschaft kommen.) Muß denn Kiefernholz gestrichen und
lackiert sein? Natürlich wird man es dem jeweiligen Ge-
brauchszweck entsprechend bearbeiten, und auch dann braucht
eine aufgetragene Farbe das Material nicht zu verfälschen.

Das Masaverfahren ist, wie wir hören, hieb- und stoßfest. Das
ist ein großer Fortschritt. Warum geht Masa nun nicht Wege,
wie sie W. Lötz auf S. 115 Heft 4 (Jhrg. 33) beschreibt, und wie
sie die Tapetenindustrie ging hinsichtlich der Flächenaufteilung?

Dann ist Masa eine farbige Schutzhaut für ein Material,
wie Schleiflack u. a. Dann ist es „wahrhaftig" dem Geist der
heutigen Zeit entsprechend.

„Gemeinnutz geht vor Eigennutz", d. h. auch, daß nicht die
Arbeitsmöglichkeit der Belegschaft eines Industriewerkes als
Entschuldigung gelten darf für das Hereintragen einer ver-
logenen Gesinnung in das ganze Volk.

Solange „Masa" das tut, werden wir Frauen es bekämpfen.

Zum Preisausschreiben

des Kampfbundes für deutsche Kultur

KARL SCHM1DT-HELLERAU

Als der Kurfürst Vater August von Sachsen das Schloß
Augustusburg bauen wollte, ließ er Hieronymus Lotter (Erbauer
des Leipziger Rathauses usw.) ersuchen, den Bau auszuführen.
Lotter, der gegen 70 Jahre alt war, schrieb, der Kurfürst möge
es ihm in Gnaden erlassen, er sei zu alt und hinfällig. Darauf
läßt ihm der Kurfürst schreiben: „Ich habe mich sehr genau
erkundigt, Du bist der Einzige in ganz Kursachsen, der es kann,
also mußt Du es übernehmen."

Es gibt heute sicher nicht mehr schöpferische Menschen als
vor 200 Jahren. Daran mußte ich denken, als das Preisgericht
die 342 eingegangenen Arbeiten zu dem Preisausschreiben für
eine Drei-Zimmer-Wohnung durchsah. Zum Teil außerordentlich
fleißige Arbeiten, bis zu 33 Blatt, einzelne ganz hervorragende
Zeichungen, ebenso einige, die farbig ausnehmend gut waren.
Was sehr erfreulich war, nicht ein einziger historischer Entwurf
oder fremde Stilarten, sondern von 90% der Arbeiten kann
man sagen: sie waren einfach, sachlich, sauber in der Ge-
sinnung.

In den letzten 30 Jahren ist doch ein ordentliches Stück Arbeit
auf dem Gebiet des Geschmacks geleistet worden.

Neue schöpferische Kräfte haben wir unter den Beteiligten
nicht entdeckt. Man merkt, wie sich viele auf die Auffassung
der Preisrichter eingestellt haben. Der größte Teil empfiehlt
die Ausführung der Möbel in Birnbaum gewachst. Dann merkt
man auch, wie die Entwerfer keinen rechten Begriff von den
Bedürfnissen, die in einem ordentlichen Haushalt vorliegen,

und der Deutschen Werkstätten A.-G.

haben: vollständige Zimmer, in denen kaum ein Quadratmeter
Schrankraum vorgesehen ist, usw. Mit wenig Ausnahmen sind
die Entwürfe vollkommen sachlich und verstandesmäßig. Eine
wirklich gebildete Dame, gar nicht beeinflußt durch irgend-
welche „Richtungen", der ich einzelne Zimmer-Entwürfe zeigte,
meinte: „Ja, es mag ja alles recht gut sein, daß unsere Jugend
wieder so einfach und rechtschaffen ist, aber ich habe doch
nichts verbrochen, warum soll ich wohnen wie ein Gefangener;
die Möbel sind doch so, wie ich sie bisher in Strafanstalten
und den Kasernen gesehen habe." Die Frau hat recht. Der
Mensch hat nicht nur Verstand, im Gegenteil, ich meine immer,
Menschen, die nur Verstand haben, sind die, die in der Welt
das meiste Unheil anrichten, weil sie immer dumm auf die
schlimmste Art sind. Sie wissen alles und ahnen nichts, weil
der erzogene Sinn mangelt, und der schöne, runde Mensch hat
eben neben dem Verstand noch die lebendigen Sinne, und
wenn diese nicht auf ihre Rechnung kommen, hungern sie.
Der vollkommen verstandesmäßig korrekte Mensch ist nicht zum
Aushalten, unausstehlich, für die Dauer langweilig. Ähnlich
liegt es bei den Gegenständen, die uns umgeben. Mit der
Sachlichkeit allein geht es nicht und ohne schöpferische Phan-
tasie, und da lehrt das Preisausschreiben, daß die Gottseidank
nicht in der Schule und nicht berufsmäßig gelernt werden kann.

Ich will keine politische Betrachtung anstellen, aber auf
diesem Gebiet, wo ich Erfahrung und Urteil habe, ist die
liberalistische Auffassung ganz sicher falsch und verkehrt.

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