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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 9.1934

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Meunier, Franz R.: Zum Kelchwettbewerb der Deutschen Gesellschaft für Goldschmiedekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.13712#0080

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Zum Keichwettbewerb

der Deutschen Gesellschaft für Goldschmiedekunst

Ha|- die Kirche in das große Werden der Kunst nie einge-
griffen, nie versucht, es wesentlich zu beeinflussen, so hat sie
gleichwohl zu allen Zeiten den Kirchenbau, das Kunstwerk
und das Gerät, das sie in Dienst zu nehmen bereit war, unter
ihre Bedingungen gestellt. Sie tut es heute wie je. Es sind zu-
nächsf Bedingungen allgemeiner Art.- die Kirchenkunst soll
kirchlich sein, sie soll Würde und künstlerischen Wert haben,
sie muß der kirchlichen Praxis genügen, also brauchbar sein,
soll als solche schon seelsorgliche Wirkung ausüben und
schließlich den besonderen liturgischen Bestimmungen ent-
sprechen. Diese sind nicht so sehr positive und direkte Forde-
rungen formaler Natur als aus der kirchlichen Praxis abgeleitete
Grenzsetzungen. Die Kirche sagt weniger: dies und das soll
der Künstler, muß der Handwerker tun, als vielmehr: dies und
das darf er nicht tun. Auch hierin mag man das Bestreben der
Kirche sehen, dem Künstler seine Freiheit nach Möglichkeit zu
gewährleisten.

Zentrum des Kultes ist in der katholischen Kirche der Altar;
daraus folgt die unvergleichliche und entscheidende Bedeu-

tung des Altargerätes. Dieses wiederum hat die Kirche in zwei
Klassen geschieden, in vasa Sacra und vasa non sacra. Die
beherrschende Stellung innerhalb der heiligen Gefäße gehört
dem Altarkelch. Sie ist in letzten Glaubenssätzen der Kirche
verankert. Der einzigartigen Würde dieses Gefäßes entspricht
es, wenn die Kirche es mit sehr bestimmten Vorschriften wie mit
unüberschreitbaren Schranken umgibt. Die einzige große, all-
gemeine Forderung, die von der Kirche erhoben wird, ist die:
daß der Kelch sich schon in seiner Form von profanen, alltäg-
lichen Zwecken dienenden Gefäßen deutlich und auch dem
letzten Gläubigen erkennbar unterscheide. Daß er mithin
künstlerische Gestaltung mit sakraler Weihe vereine.

Nicht so selbstverständlich und vor allem gemeinhin nicht so
bekannt dürften alle die Bestimmungen und Einzelregelungen
sein, die zu befolgen der Goldschmied gehalten ist. Es sind
wesentlich indirekt gehaltene Grundregeln praktischer Natur.

Die Dreiteilung des Kelches in Schale oder Kuppa, Schaft
und Fuß ist seit der frühromanischen Zeit klar gegeben. Der
Schaft, der bald kürzer, bald gestreckter sein, aber immer so
hoch sein soll, daß der Priester den Kelch bequem fassen und
halten kann, wird von einem Knauf, dem Nodus, unterbrochen.
Er ist vor allem praktisch deshalb wichtig, weil er der Hand
des Zelebrierenden größere Sicherheit gibt: er darf deshalb
nicht fehlen. Gilt für den Nodus, daß er der Hand des Priesters
nicht hinderlich sei, so gilt dasselbe auch für den Fuß, wenn
dessen Oberfläche mit Bild- und Zierwerk, was natürlich erlaubt
ist, geschmückt wurde. Im übrigen wird für den Kelchfuß vor
allem Standfestigkeit gefordert. Die herkömmlichen Formen des
Fußes, rund oder polygonal, bieten auch dem heutigen Gold-
schmied Möglichkeiten persönlicher Formung in Fülle. Bildliche
Darstellungen auf dem Kelchfuß sollen der Leidensgeschichte
entnommen sein.

Sehr klar sind die Bestimmungen der Kirche über das beim
Kelch zu verwendende Material. Grundbedingung ist, daß die
Kelchschale, die Kuppa, zumindest aus Silber und innen ver-
goldet sei. Hingegen können Schaft und Fuß aus einem andern
Metall hergestellt werden. Ausdrücklich verbietet die Kirche
Kelche aus Glas, Kupfer, Messing, Bronze und Holz; ebenso
selche aus Bergkristall, Onyx, Alabaster, Chalcedon, Achat,
Marmor, Jaspis, Beryll, Sardonyx, Serpentin und ähnlichem Ge-
stein. Auch Kelche aus Blei und Zinn sind verboten, über die
Form der Kuppa selbst bestimmt die Kirche, sie solle sich all-
mählich nach oben zum Rande hin erweitern. Der Rand selbst
sei weder auswärts noch einwärts auf irgendeine Weise ge-
bogen; ferner sei er oben nicht breit, sondern eher scharf.
Das Innere der Kuppa darf keinerlei Schmuck noch irgend-
welche Verzierung oder Gravierung zeigen. An der Außen-

Kelch von Max Olofs, München. (Aufnahme: Dr. Wallhari Dielz, DWB,
Frankfurt)

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