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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 9.1934

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Lüers, Heinrich: Von guter Buchbinderarbeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.13712#0043

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Von guter Buchbinderarbeit

Nach Angaben des Statistischen Jahrbuches für das Deutsche
Reich 1932 zählt die Papierindustrie und das Vervielfältigungs-
gewerbe (Gruppe XI) 41 725 Betriebe mit 543 892 Beschäftigten.
In dieser Zahl sind 183 326 weibliche Arbeitnehmer und
28 435 Lehrlinge vertreten. Die Buchbinderei mit 7719 Betrieben
und insgesamt 53 646 Arbeitnehmern ist in diese Gruppe XI
eingegliedert worden. 23 258 Frauen und Mädchen sowie
3979 Lehrlinge üben neben den Männern in diesem Beruf ihre
Tätigkeit aus. Beinahe 50 v. H. der Beschäftigten sind demnach
Trauen, die aber überwiegend als Hilfsarbeiterinnen in den
Groß- und Mittelbetrieben ihre Tätigkeit ausüben. Die männ-
lichen Arbeitnehmer verteilen sich dagegen auf den Groß-,
Mittel- und Kleinbetrieb. In diesem Zusammenhang ist er-
wähnenswert, daß in den Werkstätten und Werken eine strenge
Trennung von Gehilfen- und Frauenarbeit stattfindet, die sich
in der Weise auswirkt, daß die Frauen mit Falz-, Heft-, Klebe-
und ähnlichen Hilfsarbeiten sowie mit der Bedienung bestimmter
Maschinen beschäftig; weiden. Es sind dies alles Arbeiten, die
nach beendigter Lehrzeit wohl in ihrem Zusammenhang mit
dem fertigen Werkstück besser erfaßt werden könnten, trotz-
dem aber als Teilgebiete in gewissen Fällen von angelernten
Hilfskräften ausgeführt werden können.

Die Größe der Buchbindereibetriebe ist aus folgender Auf-
stellung zu ersehen:

Betriebe bis zu 5 Beschäftigten . . . 86 v. H.,

......50 .....12 v. H.,

über 50 „ . . . 2 v. H.

Durch diese Zahlen wird der Beweis erbracht, daß das Buch-
bindergewerbe als ein Handwerk im wahrsten Sinne des
Wortes angesprochen werden kann. Wenngleich die Groß-
und Mittelbetriebe zahlenmäßig mehr Arbeitnehmer beschäf-
tigen, spiel;- diese Tatsache für die Erkennung des Handwerks
nur eine untergeordnete Roile. Das eigentliche Handwerk wird
in den meisten Fällen im Kleinbetrieb ausgeübt, und diese
Werkstätten sind mit 86 v. H. in der Betriebsaufstellung ver-
treten. Es ist damit nicht gesagt, daß nur das Kleingewerbe
das Handwerk ausübt. Viele Großbuchbindereien haben
Handbindeabteilungen eingerichtet und pflegen dort deutsche
Handwerkskunst.

Die angeführten Betriebseinheiten haben je nach der Be-
triebsgröße Arbeitsvorgänge gemeinsam, die ihre Auswirkung
in einem mehr oder minder großen Maschinenpark, gleich-
zeitig als Unterlage für eine Spezialisierung, finden. Da inner-
halb des Gewerbes vielerlei Spezialarbeiten ausgeführt werden,

1 (oben) Falzen mit der Hand. 2 (unten) Falzen mit der Maschine.
(Sämtliche Aufnahmen und Skizzen vom Verfasser)

entwickelten sich im Laufe der Zeit auch ausgesprochene
Spezialbetriebe, wie Geschäftsbuch-, Gesangbuch-, Karto-
nagenwerke, Prägeanstalten, Goldschnittmachereien usw. Sinn-
gemäß bildeten sich in den verschiedenen Betriebseinheiten
auch Spezialarbeitergruppen, die auf ihren Gebieten aus-
gezeichnete Leistungen vollbringen. Ich nenne hier Goldschnitt-
macher, Hand- und Preßvergolder, Etikettenschneider, Farb-
schnittmacher usw. Ohne Übertreibung kann gesagt werden,
daß in einem Werk fast jeder Handgriff am Buch von einem
Spezialisten ausgeführt wird. In einem groß angelegten Tarif-
werk finden wir z. B. über tausend Handgriffe aufgezeichnet.

Diesen Spezialisten stelle ich nun den Handwerksmeister
gegenüber, der alle diese Handgriffe selbst ausüben muß. Mehr
als tausend Einzelleistungen, von einem Handwerker ausgeübt,
bilden ein überzeugendes Zeichen handwerklichen Könnens
und Wissens. Aus diesen Gründen wehrt sich das Handwerk
auch ganz entschieden dagegen, als eine Aufnahmeanstalt für
körperlich und geistig schwache Kinder angesehen zu werden.
Die nachstehenden Ausführungen sollen dazu dienen, einen
Einblick in das Handwerk des Buchbinders zu geben.

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