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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 3
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Migge, Leberecht: Die Gartenbauausstellung Altona 1914
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Verschiedenes
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0056

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weiteres schon erkennen läßt. Einzig der große
Festplatz mit dem Haupteingang, also etwas n i cht
gartenmäßiges, zeigt straffe Zügelung und wird
herauskommen. Audi die Ausbildung der Einzel-
teile läßt oft zu wünschen übrig. Was hätte
zum Beispiel aus dem Tal der Zwiebelkulturen
und dem anschließenden Rosengarten (dem sog.
10000 Mark-Blick) gemacht werden können.

Mehr bewußte Gestaltung zeigt der obere
Teil jenseits der Elbchaussee. Hier ist zugleich
auch die wertvollste Anregung der Ausstellung
beheimatet; die Abteilung: Volkstümlicher
Gartenbau, deren Vorsitzender Hölscher-
Harburg ist. Hier kommt Leben in die Sache.
„Ein schattiger Vorgarten, „BepflanzteBalkone",
„der Werdegang eines Weihnachtsbaumes" und
„das Fensterbrett" — das sind Ideen, die in
ihrer Natürlichkeit erfrischend wirken. Und „der
schönste Geburtstagstisch", „die größte Sonnen-
blume", „die allerherrlichste Rose" zusammen mit
dem „Jahresertrag eines Schrebergartens", dem
Laien und Liebhaber als lachende Aufgabe und
Preis vorsetzt, das sind gartenkulturelle Taten
von symptomatischer Tragweite, geeignet, die
ganze offiziöse Veranstaltung drüben am Hang
zu beschämen.

Schade, daß die Altonaer nicht den Mut ge-
funden haben, diesen jetzt funktionslos wie ein
Blinddarm angehängten Teil zum Mittelpunkt
ihrer Ausstellung zumachen. Sozialer Garten-
bau, ein Thema, so erschöpfend und reich, daß
kein Gebiet unseres heutigen Gartenschaffens
dabei vergessen zu werden brauchte und Alles
in Jugend und Zukunft getaucht erschiene. Wenn
sie diesen Gedanken, ohne das heute ganz un-
nötige Armeleutegesicht, ausgehängt hätten als
ihr Plakat, drastisch, einfach und neu!

Die Gartenbauausstellung 1914 zu Altona
a. d. Elbe möchte, wie es scheint, liebend gerne
national werden. Wünschen wir ihr, daß sie
gut holsteinisch bleibe. Aber was sie dabei auch
immer im Einzelnen leisten möge: Der Gedanke
der großen, sozial orientierten Gartenschau —
er bleibt noch auf der Suche nach den starken
gestaltenden Händen.

Verschiedenes.

Zur Wettbewerbsfrage. MeinVerbesserungsvor-
sdüag für das Wettbewerbswesen in Nr. 20 der
Gartenkunst von 1913 wird von Heicke in Nr. 1, 1914,
bei einer Besprechung über den gleichen Gegenstand
herangezogen. Mit voller Absicht hatte ich ohne
lange theoretische Erörterungen direkt einen Vor-
schlag gemacht,und ich glaube auch heute noch, einen
Vorschlag aus der Wettbewerbspraxis heraus zu
machen, wenngleich ich den vielerörterten Preisaus-
schreiben in Stuttgart und Erfurt selbst unbeteiligt
gegenüberstehe. Nicht erwartet habe ich allerdings,
daß meine fehlende weitgehende Begründung (sie
liegt in den Vorkommnissen der genannten Wett-

bewerbe) zu einer unrichtigen Auslegung und dann
zu einer glatten Ablehnung, wie es durch Heidie
geschehen ist, führen würde.
Zunächst habe ich gesagt:
„Will man an der Art dieser Wettbewerbe (ge-
meint waren die für Architekten und Gartenkünstler
gemeinsam ausgeschriebenen) festhalten und gute
Gründe sprechen dafür. . . ."

und weiter:

„Bei Arbeiten, die sowohl in architektonischer wie
in gartenkünstlerischer Beziehung prämiierungs-
würdig wären, was ja eigentlich der Zweck der-
artiger Ausschreiben ist . . . ."

Aus diesen beiden Sätzen geht doch klar hervor,
daß idi sowohl das Zusammenarbeiten von Archi-
tekten und Gartenkünstlern befürworte, wie ich auch
selbstverständlich und zuallererst ganze und nicht
halbe Arbeiten prämiiert haben möchte, soweit solche
vorhanden sind.

Nirgends finde ich eine Stelle in meiner kleinen
Abhandlung, aus der hervorgeht, daß es die Preis-
richter etwas anginge, wer hinter dem einzelnen
Entwurf steckt; aber kann demungeachtet nicht dem
Preisträger oder den Preisträgern, insbesondere aber
der Öffentlichkeit gesagt werden, wie hoch ein Ent-
wurf in gartenkünstlerischer, wie hodi er in archi-
tektonischer Beziehung zu bewerten war? Und kann
beispielsweise ein Gartenarchitekt, der es unter-
nommen hat, auch selbst den architektonischen Teil
eines Preisausschreibens zu lösen und der einen
Preis davongetragen hat, nicht erfahren, daß seine
architektonische Lösung nur mit 6 Punkten, seine
gartenkünstlerische dagegen mit 20Punkten bewertet
wurde? Es würde gerade diese Bewertung die allein-
arbeitenden Herren zurückführen auf das gemein-
same Zusammenarbeiten.

Bei diesem meinem Vorsdilag ist vorausgesetzt,
und die erledigten kombinierten Ausschreiben (wollte
ich nicht den Preisrichtern zu nahe treten) geben
mir recht, daß nadi beiden Richtungen einwandfreie
Lösungen, nach beiden Richtungen völlig gleichwertige
Lösungen trotz der großen Anzahl der Einsendungen
in größerer Zahl nicht vorhanden sind; unsere Wett-
bewerbsbestimmungen können wir aber meines Er-
achtens nur nach den Tatsachen, nicht nach Idealen
einrichten, und es muß Wunder nehmen, wenn Heidce,
der in seiner Einleitung sagt: „keine Arbeit ist halb-
wegs reif für die Ausführung", also doch bekennt,
daß es keine wirklich „ganzen" Arbeiten in größerer
Anzahl gibt, für die Prämiierung nur ganzer Arbeiten
eintritt. Auf der Erfahrung, daß diese „ganzen"
Arbeiten, wenn auch nicht fehlen, so doch selten
sind, auf der Erfahrung, daß die Arbeiten fast immer
nach der einen Seite zu stärker sind, und auf der
Absicht, mehr Kräfte zusammenzuführen, die wirklich
ganze Arbeiten zu leisten imstande sind, basiert
mein Vorschlag, daß jedem Teil der Preisrichter die
Verfügung über die Hälfte der ausgesetzten Preise
zustehen soll.

Um nicht wieder falsch verstanden zu werden,
führe ich, ohne auf Einzelheiten einzugehen, ein
kurzes Beispiel an:

Nach Übereinstimmung sämtlicher Preisrichter
kommen folgende 10 Entwürfe in engere Wahl:
Nr. 2, 15, 26, 28, 37, 45, 58, 58, 69, 80.
Es beginnt nunmehr die getrennte fachliche
Beurteilung. Vorhanden sind 4 Preise. Jeder Ent-
wurf kann von jeder Gruppe der Preisrichter bis zu
20 Punkten bekommen. Entwürfe, die von einer
Preisrichtergruppe mit 0 bewertet werden, fallen
für die Prämiierung unbedingt aus (sie können
eventl. zum Ankauf empfohlen werden.

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