Der Spielplatz vom Schattengarten aus gesehen (Standort 3).
Landhausgarten R. F. in D.
Gartenardiitekt: Paul Sdiädlidi.
körpert. Nur ihr G e i s t ist lebendig, darf lebendig haben. Unter solchen Umständen ist es kein be-
sein. Nur wenn wir dieses Leben der Gärten, das sonderes Verdienst festzustellen: die großen
Frau Gothein vor uns auferstehen läßt, inbrünstig Einzelnen, die Ramses, Cyrus, Cäsar, Philipp,
umfassen, dann könnte es uns helfen, einmal selber Ludwig, ja auch zweite Größen wie Wallenstein,
der kritischen Sonde der Geschichte würdig zu wer- Fouquet und andere haben bislang unvergleichlich
den. Dieses Leben, hört wie es pulsiert! mehr Gartengeschichte gemacht als die großen
Wir predigen heute neuerungseifrig : „Gärten Massen. Hatten die paar schüchternen Demokratien
sind Lebensbedürfnis". „Lappalie, das war es unseres Erdballs bisher keine Zeit zu solch unpar-
schon immer" — meint die Geschichte. Nur daß lamentarischen Dingen, wie es Gärten sind, oder ist
einmal das wirtschaftliche Moment wie bei den das demokratische Prinzip allem Schönen an sich
Holländern, ein andermal das körperliche wie bei abhold (denn vor den Gartentaten eines Cromwell
den Gymnasien der Griechen, ein drittesmal das beispielsweise kann einem schaudern) und ist die
geistige Bedürfnis wie in den Lehrgärten des Epikur in unserer Zeit sich anbahnende Berufsaristokratie
und Plato oder bei den Benediktinern, oder noch menschlich frei genug und immer unverdächtig, um
viel früher im alten Indien, in den heiligen Gärten Kulturgelegenheiten zu verwirken? Sonsten laßt
des Buddha den Ausschlag gab. Erübrigt eigentlich uns nur schnell die paar Autokraten beim lieben
nur für uns die sehr einfache Frage: welches sind Gott bestellen, die für höhere Gartentemperaturen
die Bedürfnisse unserer Zeit und in wie weit be- offenbar notwendig sind.
friedigen wir sie mit unserem Garten? Aber die Scheidung von Gärten nach Besitzern
Das genügte beinahe, denn es schließt bei gutem ist ja grob und sachlich beinahe unwesentlich —
Willen alles weitere in sich. Aber die Geschichte laßt uns den Inhalt betrachten. Der nun ist über-
ist gesprächiger als wir glauben; insbesondere die wältigend reich, die ganze lange Gartengeschichte
Gartengeschichte. So erzählt sie von Gärten — und der Völker hindurch. Von den Gartenterrassen der Se-
macht ziemlich scharfe Scheidung dabei —, die nur miramis, den in der ganzen damaligen Welt be-
Könige und die Großen eines Reiches besaßen, rühmten Gärten von Schiras und von Somor-
wie bei den Ägyptern, Römern, Persern, Spaniern k an t, den Gartenphantasien der I s o 1 a B eil a, dem
und Franzosen. Auch gelegentlich von Gärten die Märchen der Villa d'Este bis hin zu Ver-
dem Volk gehörten. Streng genommen war das saille, der Gartenkönigin, eine ununterbrochene
letztere eigentlich aber doch recht selten der Fall, Kette hoher Gartengedanken und ihre opfermütige
und bei Licht besehen waren es mehr Angstgeschenke Versinnlichung.
der Gewaltigen, die sich vereinsamt fühlten. Allein Daß solche bedeutenden Gartenbilder nicht ent-
die römischen Plebejer scheinen unter Augustus stehen konnten ohne gleichzeitig hochentwickelte
neben ein paar mittelalterlichen Außenseitern den Technik, ist ja selbstverständlich. Sie hat es schon
Segen des öffentlichen Grüns erfahren zu früh zu Wege gebracht, daß die Perser sich auf
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Landhausgarten R. F. in D.
Gartenardiitekt: Paul Sdiädlidi.
körpert. Nur ihr G e i s t ist lebendig, darf lebendig haben. Unter solchen Umständen ist es kein be-
sein. Nur wenn wir dieses Leben der Gärten, das sonderes Verdienst festzustellen: die großen
Frau Gothein vor uns auferstehen läßt, inbrünstig Einzelnen, die Ramses, Cyrus, Cäsar, Philipp,
umfassen, dann könnte es uns helfen, einmal selber Ludwig, ja auch zweite Größen wie Wallenstein,
der kritischen Sonde der Geschichte würdig zu wer- Fouquet und andere haben bislang unvergleichlich
den. Dieses Leben, hört wie es pulsiert! mehr Gartengeschichte gemacht als die großen
Wir predigen heute neuerungseifrig : „Gärten Massen. Hatten die paar schüchternen Demokratien
sind Lebensbedürfnis". „Lappalie, das war es unseres Erdballs bisher keine Zeit zu solch unpar-
schon immer" — meint die Geschichte. Nur daß lamentarischen Dingen, wie es Gärten sind, oder ist
einmal das wirtschaftliche Moment wie bei den das demokratische Prinzip allem Schönen an sich
Holländern, ein andermal das körperliche wie bei abhold (denn vor den Gartentaten eines Cromwell
den Gymnasien der Griechen, ein drittesmal das beispielsweise kann einem schaudern) und ist die
geistige Bedürfnis wie in den Lehrgärten des Epikur in unserer Zeit sich anbahnende Berufsaristokratie
und Plato oder bei den Benediktinern, oder noch menschlich frei genug und immer unverdächtig, um
viel früher im alten Indien, in den heiligen Gärten Kulturgelegenheiten zu verwirken? Sonsten laßt
des Buddha den Ausschlag gab. Erübrigt eigentlich uns nur schnell die paar Autokraten beim lieben
nur für uns die sehr einfache Frage: welches sind Gott bestellen, die für höhere Gartentemperaturen
die Bedürfnisse unserer Zeit und in wie weit be- offenbar notwendig sind.
friedigen wir sie mit unserem Garten? Aber die Scheidung von Gärten nach Besitzern
Das genügte beinahe, denn es schließt bei gutem ist ja grob und sachlich beinahe unwesentlich —
Willen alles weitere in sich. Aber die Geschichte laßt uns den Inhalt betrachten. Der nun ist über-
ist gesprächiger als wir glauben; insbesondere die wältigend reich, die ganze lange Gartengeschichte
Gartengeschichte. So erzählt sie von Gärten — und der Völker hindurch. Von den Gartenterrassen der Se-
macht ziemlich scharfe Scheidung dabei —, die nur miramis, den in der ganzen damaligen Welt be-
Könige und die Großen eines Reiches besaßen, rühmten Gärten von Schiras und von Somor-
wie bei den Ägyptern, Römern, Persern, Spaniern k an t, den Gartenphantasien der I s o 1 a B eil a, dem
und Franzosen. Auch gelegentlich von Gärten die Märchen der Villa d'Este bis hin zu Ver-
dem Volk gehörten. Streng genommen war das saille, der Gartenkönigin, eine ununterbrochene
letztere eigentlich aber doch recht selten der Fall, Kette hoher Gartengedanken und ihre opfermütige
und bei Licht besehen waren es mehr Angstgeschenke Versinnlichung.
der Gewaltigen, die sich vereinsamt fühlten. Allein Daß solche bedeutenden Gartenbilder nicht ent-
die römischen Plebejer scheinen unter Augustus stehen konnten ohne gleichzeitig hochentwickelte
neben ein paar mittelalterlichen Außenseitern den Technik, ist ja selbstverständlich. Sie hat es schon
Segen des öffentlichen Grüns erfahren zu früh zu Wege gebracht, daß die Perser sich auf
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