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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 8
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Pniower, Otto: Berliner Plätze und ihre gärtnerische Anlagen
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0138

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Abb. 7. Der Belle-Alliance-Platz um 1845.

her verlegte Leopold von Dessaus. Als Exerzier- einem Palais und einem herrlichen Garten ein-
platz hat die Stelle ihre Geschichte. Hier und auf genommene Terrain des Grafen Voß hindurch die
dem anstoßenden Zietenplatz hielt in den Jahren Voßstraße durchgebrochen wurde. Die Öffnung,
1806/7 die französische Besatzung Berlins jeden die der Platz dadurch nach Westen hin erhielt,
Sonntag ihre Paraden ab. Der Platz war von nahm ihm viel von seiner architektonischen Wir-
allen vier Seiten mit Lindenbäumen umsäumt, kung, da sie seine Geschlossenheit zerstörte. Der
(Vergl. Bild 4, Seite 129). Die Chronisten der Gartenkünstler suchte zu retten, was zu retten
älteren Zeit nennen ihn einen der schönsten Ber- war, indem er einen direkten, die Anlagen durch-
lins. Das traf auch zu, wenn man seine Form, schneidenden Weg von Osten nach Westen ver-
ein regelmäßiges Oblongum, und die Ardiitek- mied. Seine im Sinne eines gesunden Städtebaus
tur, die ihn umgab, im Auge hat. Aber er hatte sehr richtige Ansicht wurde nicht verstanden. Die
auch Mißstände und Mängel. Da er unge- Berliner moquierten sich — worüber moquieren
pflastert war, machte sich die natürliche Be- sich die Berliner nicht? — daß sie, um von
schaffenheit unseres Bodens in unerfreulicher der Mohrenstraße nach der Voßstraße zu gehen,
Weise geltend. In seinem 1854 erschienenen ein Boskett umschreiten mußten. Der unmit-
Buch (Berlin und seine nächste Umgebung) sagt telbare Weg geradeaus schien ihnen allein an-
Ludwig Rellstab von ihm, „daß er vor noch nicht gemessen. Gegenüber einer solchen Auffassung
sehr langer Zeit eine Sahara war d. h. ein mit kann keine Gartenkunst bestehen. Ganz abge-
fußtiefem Sand bedecktes Oblongum. Die Wüste sehen von dem begründeten ästhetischen Zweck,
hat ihre Oasen. Der Wilhelmsplatz hatte keine, der hier vorlag, entspricht es dem Sinn eines
Er war ein Sandbassin durch und durch. Erst Schmuckplatzes, dem, der des Weges kommt,
Lenne, der wie Reilstab an derselben Stelle gleichsam Halt zu gebieten. Gärtnerische Anlagen
etwas übertreibend sagt, alles Grünende und sollen etwas Isolierendes haben und im Straßen-
Blühende um und in Berlin und in Potsdam ge- getriebe wie eine Welt für sich wirken. Abbil-
schaffen hat, schuf auch diesen Platz in ein Para- dung 6 (Seite 129) zeigt, wie die angefochtenen
dies um." Wie er im Jahre 1854 aussah, zeigt die Anpflanzungen aussahen. Die alten Baumreihen
Abbildung 5 (Seite 128). sind erhalten geblieben. Zwischen ihnen dehnen
Im Anfang der siebziger Jahre des vorigen sich Rasenflächen, die um drei Gebüsche — es
Jahrhundertserfuhren die Anlagen eineÄnderung. waren Fliedergesträuche — gruppiert sind. Das
Sie wurde dadurch veranlaßt, daß von der Wil- mittlere Boskett — der Stein des Anstoßes —
heim-nach der König grätzer-Straße durch das von ist größer und höher.

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