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Die Gartenkunst — 27.1914

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Nr. 20
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Maurer, Erich: Gartenbau und Landwirtschaft in Franz.-Lothringen: ein Feldpostbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.20974#0301

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Krieger-Grabstätte für Lübeck. Ein Vorschlag von Harry Maasz.

Das ganze Land ist infolge des Franktireur-
unwesen derart gründlich in Schutt und Asche ge-
legt, zum großen Teil natürlich auch durch Artil-
leriekämpfe, daß zwei Drittel der Einwohner
mindestens kein Obdach mehr dort haben und
geflüchtet sind.

Ich betrachte in erster Linie die durchmessenen
Gebiete nach der Möglichkeit ihres Wertes für
Gartenbau und Landkultur. Für midi kommt
der Stand der Pflug- und Spatenkultur, des Obst-
und Gartenbaues zuerst in Betracht, und auf
Grund einer vielseitigen beruflichen, praktischen
Ausbildung in 10 Jahren glaube ich auch, mir ein
bescheidenes Urteil erlauben zu dürfen.

Vor zehn Jahren lebte ich ein Jahr in Frank-
reich und arbeitete in zwei der bedeutendsten
Häuser. Ich war in erster Linie Lernender.
Nun können Sie sich denken, mit welcher Span-
nung ich heute alle mir gebliebenen Eindrücke
auf ihre Richtigkeit nachprüfe. Damals durch-
wanderte ich ebenfalls wochenlang zu Fuß das
Land von Paris nach Lyon, arbeitete fast 4 Wochen
praktisch nur zur Erweiterung meiner Kenntnisse
in den französischen Weinernten der Bourgogne,
bereiste den ganzen Süden bis nach Monte Carlo
und beschloß meinen Aufenthalt mit einer Studien-
reise für meinen verstorbenen Onkel, Garten-In-
spektor Maurer-Jena.

Wollte man den Franzosen nach dem Ein-

druck beurteilen, den sein Land jetzt auf uns
macht, so würde man sagen müssen, daß er in
Bezug auf Fleiß, Sauberkeit, Organisation, so-
ziale Fürsorge, kurz in Bezug auf „zeitgemäßen
Fortschritt" nicht weit vor Rußland komme. Aber
der grausame Fuß des Krieges hat vieles an
Sach- und Gefühlswerten zertreten, ehe über-
haupt ein deutscher Soldat seinen „Barbaren-
stiefel" dorthin setzte. Wir haben genügend
Beweise und mündliche Versicherungen zur Ver-
fügung, die eine furchtbare Anklage gegen die
eigene französische Armee darstellen. Dort, wo
der deutsche Soldat längere Zeit weilt, ist er be-
liebt. Gewiß wollen wir uns nicht für Engel halten,
wir sind Krieger und Menschen, und es gibt
leider auch unter uns Scheusale, die Verachtung
verdienen. — Gottlob sind sie ganz vereinzelt.

Ziehe ich all diese Schatten des Krieges bei
meiner Beurteilung in Betracht, so bleibt doch
immer noch genug belastender Stoff für den
Franzosen übrig. Ich gehe sogar noch weiter,
indem ich unterstelle, daß es stillschweigende
Vereinbarung der französischen Regierung war,
diese Departements etwas zu vernachlässigen, da
man wohl „ahnte", daß sie das Gefilde kommen-
der Völkerkämpfe sein würden. Diese Ansicht
vertreten hier eine ganze Reihe von Franzosen.

Eine Schilderung wird Ihnen das beste Bild
geben. Nirgends sehe ich eine ausgleichende Ab-

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