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die Laster aller Zeiten büßen müssen. „Wir waren wacker,
zu sündigen, so war der Herr über uns wacker, uns zu stra-
fen“. Der Tod des Landesherrn sühnt die Sünden seines
Volkes wie die eigenen.

Ich aber frage mich: Was mag im Kopf und Herzen Augusts
bei dieser langweiligen Salbaderei vorgegangen sein? Er, an
den sich der Adel schon herangemacht hatte, um ihn gegen
die selbstherrlichen Bestrebungen des wenig geliebten,
eigenwilligen Bruders scharf zu machen, nun selbst Träger
des Kurhutes, auf den er früher zu hoffen keinen Grund
hatte, es sei denn, daß die Kurfürstin ihrem Gatten keinen
Erben schenke. Das war bei der Rücksichtslosigkeit des
Bruders gegen seine Frau nicht unwahrscheinlich. Dieser
hatte daher die Absicht gehabt, Kindern der Neitzschütz
die Thronfolge zuzusprechen, August um die Aussicht auf
diese zu bringen.

Die nur zweieinhalb Jahre währende Regierung Johann Ge-
orgs IV., deren Grundziele August als richtig anerkannt haben
mußte, hatte mit einem glatten Mißerfolg geendet. Dem neuen
Fürsten war die Aufgabe zugefallen, die äußere und innere Po-
litik wieder in ersprießliche Bahnen zu führen. Unverkenn-
bar hatte August hieraus Lehren gezogen. Zunächst machte
er dem Gerede ein Ende, indem er den Prozeß gegen Frau
von Neitzschütz niederschlug; sie lebte auf ihrem Gute
Gausig bis 1713 und soll stets Handschuhe getragen haben,
um die Spuren der Folterung an ihren Händen zu verstecken.
In spätererZeit desVerabscheuens der Hexenprozesse rühmte
man dieses Vorgehen Augusts. Zeitgenossen werden ihm
vorgeworfen haben, daß man ihnen das Schauspiel der Hexen-
verbrennung entzog, wohl in dem Gedanken, daß ihr Adel
die Sünderin gerettet habe.

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