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melten und ein rangierter Angriff stattfand. Zwei Könige,
zwei Kronprinzen und achtunddreißig andere Fürstlichkeiten
sahen dem „martialischen Lusttheater“ zu, dessen Kunde
die Welt durchlief. Der Hofdichter Ulrich von König mußte
es in allen Einzelheiten besingen. König Friedrich Wil-
helm sagte unter dem Eindrücke des Gesehenen, wie der
preußische General von Grumbkow berichtet, wohl drei-
oder viermal zu ihm, August sei „der größte Fürst, der je
geherrscht habe“ — ein Wort, das bei der Grundverschieden-
heit im Wesen der beiden Herrscher um so auffälliger ist.
Man hat das Lager als die Krönung des Tuns eines vergnü-
gungssüchtigen Despoten angesehen. Aber August war da-
mals schon ein schwerkranker Mann. Er trug sich mit der Ab-
sicht, in ähnlicher Weise der Welt sein polnisches Heer zu
zeigen. Seine Reise nach Warschau endete mit plötzlichem
Erkranken und Tod. Das sieht mehr nach Pflichteifer als
nach Vergnügungssucht aus. Zeithain war das Vorweisen
der in langer Reihe von Jahren geleisteten soldatischen Ar-
beit, gezeigt nicht von einem Pedanten, sondern von einem
trotz aller Krankheit lebensbejahenden Manne.

Die Mätressen

Noch heute hat das Buch vonPöllnitz „La Saxe galante“
Einfluß auf die Beurteilung des Liebeslebens Augusts, ja sogar
auf seine allgemeine W ürdigung durch ernsthafte Geschicht-
schreiber. Man lese — um einen älteren unter diesen zu
nennen — Karl Biedermanns Werk „Deutschlands geistige,
sittliche und gesellige Zustände im achtzehnten Jahrhun-
dert“ (1858). Es genügen ihm ein paar Erzählungen nach
Pöllnitz, um die „unglaubliche“ sittliche Verwahrlosung des
sächsischen Hofes klar zu legen. Nie kommt er auf den
Gedanken, daß die Geschichten tatsächlich unglaublich
waren, also richtiger nicht geglaubt werden dürfen. Karl
Ludwig Freiherr von Pöllnitz war ein Abenteurer übler Art,
 
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