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Bezeichnend ist wieder, daß unter den maßgebenden Lehrern
kein Theologe genannt wird. Die fromme Kurfürstin hat
schwerlich sich die Aufgabe entgehen lassen, ihre Söhne im
Christentum zu belehren. Hinter ihr stand Spener.

Ich denke mir nach all dem August in seinen Entwicklungs-
jahren als einen starken, körperlich gelenken, geistig etwas
schwerfälligen, aber gut begabten Jüngling, der, im Auftreten
schüchtern, stets eines gewissen Anstoßes bedurfte, um sich
gnädig zu zeigen, es sei denn, er befand sich im Kreise naher
Bekannter.

Die Große Tour

Man war sich an den deutschen Höfen klar geworden, daß
sie nicht mehr Stätten der höchsten Bildung seien: ein
Streben nach der Ferne machte sich geltend, nach Ländern
einer feineren und höheren Sitte. Wohl klagte man über die
Fortschritte der Fremdländerei, die dem deutschen Gewerbe
das Leben erschwerte. Der Volkswirt und kaiserliche Kom-
merzienrat Dr. Johann Joachim Becher schrieb damals:

Deutschland hat zu seinem Schaden
Oh, der großen Raserei,

Fremde Kaufleut’ eingeladen,

Daß es ja bald geldarm sei.

Fremde Waren, welche leider
Bringen nichts als fremde Kleider.

Dadurch wird die deutsche Welt
Reich an Hoffart, arm an Geld.

Trotz dieser Erkenntnis war man sich klar, daß ein vornehmer
junger Mann reisen, sich in der Welt umsehen müsse. Vor
allem ein Prinz.

Als August sechzehn Jahre alt war, nahm ihn und seinen
Bruder die Mutter mit nach Dänemark. Dort konnten sie
allerhand lernen: war es doch König Friedrich III. ge-
lungen, 1660 durch eine Revolution von oben den Adel zu

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