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lieferte einen leider mir nicht zugänglichen Beitrag hierzu,
den 1699 in Leipzig erschienenen „Orphirischen Staat oder
Curiöse Beschreibung des... Königreichs Ophir“. Das Ur-
christentum, wie man es nach den Schriften der Kirchen-
väter sich vorstellte, bildete zumeist das Vorbild für diese
manchmal kommunistisch gedachten Gemeinwesen. Durch
die Welt ging der Gedanke, daß eine Überfeinerung der Sitte
herrsche, der man die Schlichtheit einer erträumten Ver-
gangenheit, einer goldenen Zeit entgegenhielt. Der auf eine
unbewohnte Insel verschlagene Robinson wurde eine
Gestalt dichterischen Bemühens, „Gullivers Reisen“ wurden
aus einer ummantelten politischen Schrift zu einer solchen
für die Jugend. Eine fremde Welt im Scheine höherer Voll-
kommenheit zu schildern, sich selbst in diese zu träumen,
kündet das Kommen der Sentimentalität, das Vorherrschen
des Gefühls im Denken und Dichten an.

Dazu kamen tief in das Volksleben einschneidende politische
Erfahrungen: Sachsen war der Mittelpunkt des Ringens
um die Glaubenserneuerung gewesen, seine Felder und
Orte lagen verwüstet durch den Kampf um die Erhaltung
des Glaubensgutes gegen die katholische Kaisermacht bei
manchem Schwanken der kurfürstlichen Politik. Die Hal-
tung Herzogs Moritz im Schmalkaldischen und diejenige
Johann Georgs I. im großen Kriege hatten tiefe Erregungen
hinterlassen. Draußen in der weiten Welt tobte heftiges
Ringen. So das der Hugenotten gegen den König von Frank-
reich, ihren rechtmäßigen Herrn, der Widerstand der Parla-
mente gegen die Religionspolitik der Herrscher, derFreiheits-
kampf der Niederlande gegen die spanische Herrschaft, der des
Parlaments in England, der zur Hinrichtung König Karls I.
und zur Errichtung einer Republik, bald aber wieder zur Her-
stellung einer, wenn auch gesetzlich beschränkten Fürsten-
gewalt führte. Es fehlte in Europa nicht an Staatsrechtlern,
die wenigstens in wissenschaftlicher Erkenntnis eine die
Macht des Regenten einschnürende Gewalt der Regierten

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