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nehmen, die nicht gleichen Volksblutes war wie er selbst.
Durch die Jahrhunderte hindurch pflegte er eineGeschlechter-
kunde, hielt er auf die Ehre des oft auf die Wanderung mit-
genommenen Wappens, auf den Nachweis adeliger Her-
kunft von Vaters und Mutters Seite bis in vierte oder achte
Geschlechter zurück. Das geschlechtliche Feuer des Mannes
führte wohl oft dahin, daß er aus seiner Umgebung fremd-
völkische Mädchen als Geliebte wählte, den mit ihnen Ge-
zeugten zu einem gewissen Ansehen verhalf, aber nie er-
kannte sein Stand als solcher den unedel Geborenen für
gleichwertig an. Der Adelige hatte sich des Bastards zu
schämen.

Der Adel saß auf seinen Gütern zu Lehen. Er erkannte an,
daß das ganze Land seinem Herrn gehöre, der ihm Teile ver-
liehen habe. Dafür hatte er gewisse Dienste zu leisten, vor
allem mit den Waffen. Adelig war der, dem ein Lehen
verliehen war oder umgekehrt, der Adelige hatte Anspruch
auf ein Lehen. In diesem war er der Leiter der landwirt-
schaftlichen Ausnützung, der Richter und mithin Herr über
die Bewohner seines Gebietes, der Vertreter der staatlichen
Verwaltung und als solcher auch der Polizei, ein Fürst im
Kleinen, da ja auch der Landesfürst seine Rechte aus dem
Lehensrecht zog, das Land vom Kaiser zum Lehen erhalten
hatte. Die Annahme des Lehens umfaßte die Verpflichtung
zur Treue gegen den Lehensherrn.

Das Land war dem Lehensträger verliehen auf Grund von
Abmachungen zwischen Lehensherrn und Vasall. Er durfte
es mithin ohne Zustimmung des Lehensherrn nicht verkaufen,
dagegen vererbte es sich nach gewissen Rechtsgrundsätzen.
Ziel dieser war es, tunlichst dem Stamme des Belehnten den
Besitz, mithin dem Fürsten eine treue Gefolgschaft zu er-
halten. Treubruch galt als Verbrechen, das die Entziehung
des Lehens zur Folge hatte.

Der Adelige stand also zum Lehensherrn in eigenartiger Be-
ziehung. Von ihm stammte das Besitzrecht auf sein Gut.

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