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Dagegen fanden die böhmischen Exulanten in der Lausitz
um so willigere Aufnahme. Sie bildeten den Grundstock
der seit 1722 durch Graf Zinzendorf angelegten Siedlung
Herrnhut und erlangten von hier aus segensreiche Ver-
breitung in der weiten Welt. Die Friedrichstadt, die auf dem
Kammergute Neu-OstrabeiDresdenmitgeradlinigen Straßen,
nach den neuen Erfahrungen der Stadtbaukunst als eine
Stätte der Manufakturen geschaffen wurde, zeugt von Augusts
Bestreben, die Volkszahl zu heben: 1725 soll sie 1200 Ein-
wohner gehabt haben; 1730 erhielt sie eine Kirche, 1734
Brotbänke, 1736 einen Viehmarkt. Auch der Adel beteiligte
sich an der Ansiedlung von Bauern. So Eusebius Graf
Pötting in Neugersdorf, Philipp von Mergental durch die
Anlage des nach ihm benannten Dorfes. Mehr Nachweise
würden sich bei sorgfältiger Untersuchung gewiß finden
lassen.

Von Süden, aus Böhmen, scheint die Zuwanderung dauernd
gewesen zu sein. Das 1654 für vertriebene Protestanten ge-
gründete Johanngeorgenstadt ist ein Beweis hierfür. Die
Ausdehnung der Glaserzeugung, das Herstellen von Musik-
instrumenten führte hierin erfahrene Böhmen über die
Grenze. Wenn August also gegen Siedler sich wendete,
so müssen ernste Gründe dafür Vorgelegen haben. Sie
sind leicht zu finden: die Refugies waren Reformierte.
Sie konnten in Landen gleichen Bekenntnisses leicht Platz
finden, in Sachsen stand ihnen das Gesetz entgegen, das
August zweimal feierlich einzuhalten versprochen hatte.
Es wird hiervon und von den Mitteln, mit denen er sich
half, bei der Besprechung der gewerblichen Verhältnisse
noch die Rede sein.

Die Angaben, die ich machen kann, entbehren durchaus
fester Unterlagen. In ihrer Gesamtheit geben sie aber doch
ein Bild tiefer Umwandlung der Bevölkerung Sachsens. Der
Adel wurde in seiner Grundlage angegriffen, indem er aus
der ihm gesellschaftlich zukommenden Leitung der Staats-

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