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Der ritterlich en Gutsherrschaft standen die bäuerlichen Güter
und Dörfer gegenüber. Der Besitzer des Herrengutes besaß
Rechte verschiedener Art über die Bauern, war der Erb-,
Lehen- und Gerichtsherr, die Bauern und Dörfer waren ihm
untertänig und zu Abgaben und Diensten verpflichtet. Die
Stellung des Gerichtsherrn zu Obergerichten war schwan-
kend, indem der Gutsbesitzer seit langem bestrebt war, diese
tunlichst auszuschließen. Er herrschte also als ein Fürst im
Kleinen über seine Bauern, wenngleich durch das Recht
der Rüge diese mit Beschwerden über ihn sich an die
landesfürstliche Gewalt wenden durften. Diese ließ es sich
angelegen sein, sie vor Unterdrückungen zu schützen. Da-
her führte Kurfürst Johann Georg I. 1661 die Bestimmung
ein, daß jeder Gutsbesitzer einen vereideten Notar haben
müsse, der ihn bei der Handhabung seiner Rechte kundig
unterstütze und damit auch beaufsichtige. Deshalb wurde
der Notar im achtzehnten Jahrhundert für unabsetzbar er-
klärt, nicht ohne starken Widerspruch der Ritterschaft.
Diese mochte wohl neben der Beeinträchtigung ihrer Rechte
die durch die Juristen erzeugte Umständlichkeit des Rechts-
verfahrens fürchten. Mit sonderbaren Gefühlen las ich in
den umfänglichen Werken, die die Rechtsverhältnisse der
Landbevölkerung darlegten, zugleich mit der Erkenntnis,
daß ich mich darin nicht zurechtfinden werde. Da sprechen
altes Sachsenrecht, örtlicher Gebrauch, Abmachungen zwi-
schen Herrschaft und Bauernschaft, ein höchst verworrenes
Erbrecht durcheinander — Llandhaben für findige Juristen
zu Verschleppungen und dem schlichten Rechtsempfinden
widersprechenden Entscheidungen.

Auf dem eigenen Gute konnte der Bauer nach freiem Wil-
len schalten und walten. In dieser Beziehung stand es in
Sachsen besser als in den meisten anderen deutschen Län-
dern. Die Gesetze sorgten dafür, daß die Güter nicht durch
Verkauf von Grundstücken oder bei Erbschaft aufgeteilt
wurden, es sei denn durch Abgabe von Flächen für Hausbau,

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