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gen des Gerätes an die Bedürfnisse des menschlichen Körpers
hatten eine Umstellung der Tischlerei, der Tapeziererei, der
Schlosserei zur Folge. Der Hofhalt und das mächtig an-
steigende Bauwesen führten eine Geschmackswende zum
Barock und Rokoko herbei und damit zu neuen lehrreichen
Aufgaben für das Handwerk. Buchbinder und Schneider,
Uhrmacher und Schuster - jedes Handwerk hatte sich in die
neue Zeit einzuleben. Überall drängten die Verhältnisse nach
dem, was wir heute Qualitätsarbeit nennen, half der Luxus
dabei, diese zu leisten, und der Handel, das Geschaffene in
die Ferne zu tragen. Wer die Bauten Polens aus derZeit
der sächsischen Könige kennt, der hat einen Einblick in die
Ausfuhr Sachsens in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahr-
hunderts. Halfen die staatlichen Anordnungen auch hier und
da, so konnten sie doch die sozialen Verhältnisse des Hand-
werks nicht grundsätzlich ändern. Es befand sich zweifellos
in einer schlimmen Lage, seit es nicht bloß für die heimische
Stadt arbeitete und von dessen Bürgern ernährt wurde, son-
dern vom Großhandel, dem Fernhandel der Kapitalmacht
gegenübergestellt wurde und damit das Geldwesen einen ein-
schneidenden Einfluß gewann. Heute ist es schwer, sich ein
Bild der Schwierigkeiten zu machen, die dem Gewerbe-
treibenden bei der Erlangung des Meisterrechts, mithin der
Arbeitsmöglichkeit und des Kredits, entgegenstanden. Glaubt
man den zeitgenössischen Berichten, so herrschte Elend und
Verzweiflung überall. Die Bitten um Gnadenbeweise, die
Eingaben an die Regierung wimmeln von Jammerrufen,
sprechen von ungezählten blutigen Tränen und flehenden
Seufzern, durch die Gefahren abgewendet oder Übelstände
beseitigt werden sollten. Der König und seine Beamten
dürften die Klagen auf ihre Berechtigung geprüft und sich
auf noch so große Wehleidigkeit hin schwerlich alsbald zum
Eingreifen veranlaßt gesehen haben. Man gewöhnt sich an
diesen Ton. Aber die Nachlebenden sehen mit Staunen,
welch großartige Aufträge dem Handwerk geboten wurden.

20, I August der Starke

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