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Harth, Dietrich [Hrsg.]
Die Erfindung des Gedächtnisses — Frankfurt am Main, 1991

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https://doi.org/10.11588/diglit.2940#0069
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THOMAS VON AQUIN
Memoria - Schule der Klugheit''''

i. Die Erinnerung ist im sinnenhaften Teil der Seele. Die
Klugheit aber im vernunfthaften Teil. Also ist die Erinne-
rung kein Teil der Klugheit.
2. Die Klugheit wird durch Übung erworben und geför-
dert; die Erinnerung aber ist von Natur aus in uns. Also ist
die Erinnerung kein Teil der Klugheit.
3. Die Erinnerung richtet sich auf Vergangenes. Die
Klugheit aber richtet sich auf das, was in der Zukunft zu tun
und was zu überlegen ist. Also ist die Erinnerung kein Teil
der Klugheit.
anderseits zählt Cicero die Erinnerung unter den Teilen
der Klugheit auf.
Antwort: Die Klugheit geht auf das Nicht-Notwendige
im Bereich der Handlungen. In diesem Bereich kann der
Mensch nicht durch das schlechthin und notwendig Wahre
gelenkt werden, sondern durch das, was in der Mehrzahl
der Fälle zutrifft; denn es ist notwendig, daß die Gründe
den Schlußfolgerungen entsprechen und aus Bestimmtem
Bestimmtes geschlossen wird. Was nun in der Mehrzahl der
Fälle wahr ist, muß man durch Erfahrung ermitteln; darum
sagt Aristoteles: „Verstandhafte Tüchtigkeit gewinnt ihre
Entstehung und Vermehrung durch Erfahrung und Zeit."
Erfahrung aber entsteht aus mehreren Erinnerungen. Dar-
aus folgt, daß es zur Klugheit erforderlich ist, sich an meh-
reres zu erinnern. Daher wird die Erinnerung angemessen
als Teil der Klugheit aufgeführt.
Zu i. Weil die Klugheit die allgemeine Erkenntnis auf das
einzelne anwendet, auf das sich der Sinn erstreckt, ist daher
:'" Summa Tbeologica II-II 49,1 (1267/1273)
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