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https://doi.org/10.11588/diglit.2940#0147
JEAN-PAUL SARTRE
Überschreiten der Erinnerung in der
Freiheit der Imagination*
Für ein Objekt oder irgendein Element eines Objekts ist es
etwas sehr Verschiedenes, leer anvisiert zu werden oder ab-
wesend-gegeben zu sein. Bei einer beliebigen Wahrneh-
mung richten sich viele leere Intentionen, von gegenwärtig
gegebenen Elementen des Objekts ausgehend, auf andere
Seiten und andere Elemente des Objekts, die sich noch nicht
oder nicht mehr unserer Anschauung darbieten. Zum Bei-
spiel sind die Arabesken des Teppichs, den ich betrachte,
nur zum Teil meiner Anschauung zugänglich. Die Füße des
Sessels, der vor dem Fenster steht, verdecken bestimmte
Rundungen, bestimmte Muster. Dennoch erfasse ich diese
verborgenen Arabesken als gegenwärtig existierend, wenn
auch verdeckt, und keineswegs als abwesend. Und ich er-
fasse sie nicht für sich selbst, indem ich versuche, sie mittels
eines Analogons zu vergegenwärtigen, sondern in derselben
Weise, in der ich das erfasse, was mir von ihrer Fortsetzung
gegeben ist. Ich nehme die Anfänge und die Enden der ver-
borgenen Arabesken wahr (die nur vor und hinter dem Fuß
des Sessels erscheinen), als unter den Füßen dieses Sessels
sich fortsetzend. Ich setze also in der Art, in der ich das Ge-
gebene erfasse, das Nichtgegebene als real. Real im selben
Sinne wie das Gegebene, wie das, was ihm seine Bedeutung
und seine Natur selbst verleiht. Ebenso werden die verklun-
gonen Töne einer Melodie durch entsprechende Retentio-
nen erfaßt als das, was den gegenwärtig gehörten Ton zu
dem macht, was er präzise ist. Dieses oder jenes gegebene
Reale wahrnehmen heißt in diesem Sinne, es auf dem Hin-
L'lmagmairc Psychologie pbenomenologigue de l'imagination (194°)
MS
Überschreiten der Erinnerung in der
Freiheit der Imagination*
Für ein Objekt oder irgendein Element eines Objekts ist es
etwas sehr Verschiedenes, leer anvisiert zu werden oder ab-
wesend-gegeben zu sein. Bei einer beliebigen Wahrneh-
mung richten sich viele leere Intentionen, von gegenwärtig
gegebenen Elementen des Objekts ausgehend, auf andere
Seiten und andere Elemente des Objekts, die sich noch nicht
oder nicht mehr unserer Anschauung darbieten. Zum Bei-
spiel sind die Arabesken des Teppichs, den ich betrachte,
nur zum Teil meiner Anschauung zugänglich. Die Füße des
Sessels, der vor dem Fenster steht, verdecken bestimmte
Rundungen, bestimmte Muster. Dennoch erfasse ich diese
verborgenen Arabesken als gegenwärtig existierend, wenn
auch verdeckt, und keineswegs als abwesend. Und ich er-
fasse sie nicht für sich selbst, indem ich versuche, sie mittels
eines Analogons zu vergegenwärtigen, sondern in derselben
Weise, in der ich das erfasse, was mir von ihrer Fortsetzung
gegeben ist. Ich nehme die Anfänge und die Enden der ver-
borgenen Arabesken wahr (die nur vor und hinter dem Fuß
des Sessels erscheinen), als unter den Füßen dieses Sessels
sich fortsetzend. Ich setze also in der Art, in der ich das Ge-
gebene erfasse, das Nichtgegebene als real. Real im selben
Sinne wie das Gegebene, wie das, was ihm seine Bedeutung
und seine Natur selbst verleiht. Ebenso werden die verklun-
gonen Töne einer Melodie durch entsprechende Retentio-
nen erfaßt als das, was den gegenwärtig gehörten Ton zu
dem macht, was er präzise ist. Dieses oder jenes gegebene
Reale wahrnehmen heißt in diesem Sinne, es auf dem Hin-
L'lmagmairc Psychologie pbenomenologigue de l'imagination (194°)
MS