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Harth, Dietrich [Hrsg.]
Finale!: das kleine Buch vom Weltuntergang — München, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.2939#0073

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in die intelligible thun wollen; welches hier dadurch geschieht,
daß der Augenblick, der das Ende der erstem ausmacht, auch
der Anfang der andern sein soll, mithin diese mit jener in eine
und dieselbe Zeitreihe gebracht wird, welches sich wider-
spricht.

Aber wir sagen auch, daß wir uns eine Dauer als unendlich
(als Ewigkeit) denken: nicht darum weil wir etwa von ihrer
Größe irgend einen bestimmbaren Begriff haben - denn das ist
unmöglich, da ihr die Zeit als Maß derselben gänzlich fehlt -;
sondern jener Begriff ist, weil, wo es keine Zeit giebt, auch kein
Ende Statt hat, bloß ein negativer von der ewigen Dauer, wo-
durch wir in unserm Erkenntniß nicht um einen Fußbreit
weiter kommen, sondern nur gesagt werden will, daß der Ver-
nunft in (praktischer) Absicht auf den Endzweck auf dem We-
ge beständiger Veränderungen nie Genüge gethan werden
kann: obzwar auch, wenn sie es mit dem Princip des Stillstan-
des und der Unveränderlichkeit des Zustandes der Weltwesen
versucht, sie sich eben so wenig in Ansehung ihres theoreti-
schen Gebrauchs genug thun, sondern vielmehr in gänzliche
Gedankenlosigkeit gerathen würde; da ihr dann nichts übrig
bleibt, als sich eine ins Unendliche (in der Zeit) fortgehende
Veränderung im beständigen Fortschreiten zum Endzweck zu
denken, bei welchem die Gesinnung (welche nicht wie jenes
ein Phänomen, sondern etwas Übersinnliches, mithin nicht in
der Zeit veränderlich ist) bleibt und beharrlich dieselbe ist. Die
Regel des praktischen Gebrauchs der Vernunft dieser Idee ge-
mäß will also nichts weiter sagen als: wir müssen unsre Maxime
so nehmen, als ob bei allen ins Unendliche gehenden Verände-
rungen vom Guten zum Bessern unser moralischer Zustand
der Gesinnung nach (der homo Noumenon, „dessen Wandel
im Himmel ist") gar keinem Zeitwechsel unterworfen wäre.

Daß aber einmal ein Zeitpunkt eintreten wird, da alle Verän-
derung (und mit ihr die Zeit selbst) aufhört, ist eine die Ein-
bildungskraft empörende Vorstellung. Alsdann wird nämlich
die ganze Natur starr und gleichsam versteinert: der letzte Ge-
danke, das letzte Gefühl bleiben alsdann in dem denkenden
Subject stehend und ohne Wechsel immer dieselben. Für ein
Wesen, welches sich seines Daseins und der Größe desselben
(als Dauer) nur in der Zeit bewußt werden kann, muß ein sol-
 
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