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Harth, Dietrich [Hrsg.]
Finale!: das kleine Buch vom Weltuntergang — München, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.2939#0077

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Bis sie der Hunger trieb und jener Tote

Die dürren Kiefern reizte. Doch der Hund

Nahm nichts. Verzweifelt klagend und mit kurzem

Wehschrei die Hände leckend, die nicht mehr

Wie einst liebkosend Antwort gaben - starb er.

Des Hungertodes Beute wurde jeder.

Lebendig waren zwei zuletzt aus einer

Gewalt'gen Stadt, zwei Feinde, die sich fanden

An eines Altars ausgelöschter Asche,

Wo heilige Geräte lagen zu

Unheiligem Gebrauch. Sie scharrten schauernd

Mit ihren kalten Knochenhänden in

Der schwachen Asche, und ihr schwacher Atem

Gab ihr ein fahles Leben, eine Flamme,

Die Spott nur war. Dann hoben sie die Augen -

Es war nun heller, und sie sahen sich

Ins Antlitz - kreischten auf vor Angst und starben;

Sie starben an dem grauenhaften Anblick,

Unwissend, wer der war, auf dessen Stirne

Die Hungersnot geschrieben hatte: Teufel...

Die Welt war leer, ein Ballen Arm und Reich,

Der Jahreszeit beraubt und ohne Leben,

Ein Klumpen Toter und des Staubes Chaos.

Die Flüsse standen still und alle Meere,

Nichts regte sich in ihres Schweigens Tiefe.

Die Schiffe lagen unbemannt und faulten,

Stückweis' zerfielen ihre morschen Masten

Und schliefen ruhig in dem starren Abgrund.

Die Wellen tot, im Grabe die Gezeiten;

Der Mond, ihr Meister, war schon längst erloschen.

Der Wind war aus, die Luft erstickt, die Wolken

Waren verschwunden; ihre Hilfe hatte

Die Finsternis nicht not - sie war das All.

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