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Harth, Dietrich [Hrsg.]
Finale!: das kleine Buch vom Weltuntergang — München, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.2939#0086

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das Knie und beteten an. Daß unserem Globus oder seinen
Bewohnern aus der gefürchteten Berührung ein namhafter
Schade erwachsen würde, war eine Meinung, welche bei den
Weisen stündlich an Boden verlor; und die Weisen erhielten
nun freie Erlaubnis, Vernunft und Phantasie der Menge zu
lenken. Es wurde demonstriert, daß die Dichtigkeit des Kome-
tenkerns noch weit geringer war denn die unseres dünnsten
Gases; und die Tatsache, daß der Durchgang eines ähnlichen
Gastes durch die Monde des Jupiter seinerzeit völlig schadlos
verlaufen, war ein Punkt, auf den immer wieder mit Nach-
druck hingewiesen wurde und der in großem Maße dazu
diente, den allgemeinen Schrecken zu beschwichtigen. Theolo-
gen stürzten sich, mit einem Eifer, welcher sich an ihrer Furcht
entzündete, auf die biblischen Prophezeiungen und legten sie
dem Volke mit einer Unmittelbarkeit und Schlichtheit aus, die
man an ihnen überhaupt nicht mehr kannte. Daß die endliche
Vernichtung der Erde durch Feuersmacht geschehen müsse,
ward aller Welt mit einer verve eingehämmert, daß man bald
allenthalben davon überzeugt war; und daß die Kometen nicht
aus feuriger Masse bestünden (was mittlerweile jedermann
wußte), war eine Wahrheit, die alle doch in starkem Maße von
der Befürchtung befreite, das geweissagte Große Unheil werde
jetzt über sie kommen. Bemerkenswert ist, daß die populären
Vorurteile und Wahnvorstellungen in Bezug auf Pestilenzen
und Kriege — Wahnvorstellungen, wie sie sich bislang bei je-
dem Erscheinen eines Kometen unweigerlich einstellten - jetzt
ganz unbekannt waren. Wie mit einer plötzlichen konvulsivi-
schen Anstrengung hatte die Vernunft auf einmal den Aber-
glauben von seinem Throne gestoßen. Der schwächlichste
Verstand noch hatte sich aus der gewaltigen Wichtigkeit, wel-
che der Fall für jeden einzelnen besaß, Kraft geholt.

Was für mindere Übel aus der Berührung erwachsen könn-
ten, ward zum Thema ausführlicher Diskussion. Die Gelehrten
sprachen von leichten geologischen Störungen, von vermutli-
chen Veränderungen in Klima und folglich Vegetation; von
möglichen magnetischen und elektrischen Einflüssen. Viele
andererseits hielten dafür, daß sich in gar keiner Weise irgend
nur eine sieht- oder spürbare Wirkung zeigen werde. Derweil
nun solche Diskussionen noch weitergingen, kam ihr Gegen-
 
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