Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Harth, Dietrich [Editor]
Finale!: das kleine Buch vom Weltuntergang — München, 1999

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.2939#0092

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
weit kommt, daß die Bäume bloß täglich zweimal, aber sonst
keine Blätter tragen! „Und aus dem Rauche kamen Heu-
schrecken über die Erde, welchen Macht gegeben wurde, wie
die Skorpionen Macht haben ... Menschen ähnlich waren ihre
Gesichter ... Und es ward ihnen geboten, weder das Gras auf
der Erde, noch etwas Grünes, noch irgend einen Baum zu
beschädigen, sondern bloß die Menschen, die nicht haben das
Sigel Gottes an ihren Stirnen." Aber sie beschädigten die Men-
schen, und schonten die Bäume nicht.

Da besinnt sich die Menschheit, daß ihr der Sauerstoff vom
Fortschritt entzogen wurde und rennt in den Sport. Aber der
Sport ist ein Adoptivkind des Fortschritts, er trägt schon auf
eigene Faust zur Verdummung der Familie bei. Kein Entrin-
nen! Auch wenn sie auf dem Misthaufen des Lebens Tennis
spielen, die Schmutzflut kommt immer näher und das Sausen
aller Fabriken übertönt so wenig ihr Geräusch wie die Klänge
der Symphoniekonzerte, zu denen die ganz Verlassenen ihre
Zuflucht nehmen.

Inzwischen tun die Politiker ihre Pflicht. Es sind Märtyrer
ihres Berufs. Ich habe gehört, daß Österreich Bosnien annek-
tiert hat. Warum auch nicht? Man will alles beisammen haben,
wenn alles aufhören soll. Immerhin ist solch ein einigend Band
eine gewagte Unternehmung, - in Amerika, wo man uns so oft
verwechselt hat, heißt es dann wieder, Bosnien habe Österreich
annektiert. Erst die Auflösung unseres Staates, von der in der
letzten Zeit so viel die Rede war und die sich separat vollziehen
wird, weil die anderen Weltgegenden nicht in solcher Gesell-
schaft zugrundegehen wollen, dürfte allem müßigen Gerede
eine Ende machen. Doch es ist eine weitblickende Politik, den
Balkan durcheinanderzubringen. Dort sind die Reserven zur
Herstellung des allgemeinen Chaos. Aber die eigenen Wanzen
mobilisieren bereits gegen die europäische Kultur.

Die Aufgabe der Religion, die Menschheit zu trösten, die
zum Galgen geht, die Aufgabe der Politik, sie lebensüberdrüs-
S1g zu machen, die Aufgabe der Humanität, ihr die Galgenfrist
abzukürzen und gleich die Henkermahlzeit zu vergiften!

Durch Deutschland zieht ein apokalyptischer Reiter, der für
viere ausgibt. Er ist Volldampf voraus in allen Gassen. Sein
Schnurrbart reicht von Aufgang bis Niedergang und von Süden

93
 
Annotationen