täuschte, und war allemal tief betroffen, allemal wußte ich, daß
ich mir dergleichen nicht zugetraut hätte; aber ich blieb dabei,
Aphorismen zu sagen, wo ich Zustände enthüllen sollte. So
schmarotze ich nur mehr an einem alten Renommee. Glaubt
einer, daß es auf die Dauer ein angenehmes Bewußtsein ist?
Nun, ich wollte den Lesern helfen und ihnen den Weg zeigen,
der zur Entschädigung für den Ausfall an Sensationen führt.
Ich wollte sie zu einem Verständnis für die Angelegenheiten
der deutschen Sprache erziehen, zu jener Höhe, auf der man
das geschriebene Wort als die naturnotwendige Verkörperung
des Gedankens und nicht bloß als die gesellschaftspflichtige
Hülle der Meinung begreift. Ich wollte sie entjournalisieren.
Ich riet ihnen, meine Arbeiten zweimal zu lesen, damit sie auch
etwas davon haben. Sie waren entrüstet und sahen im nächsten
Heft nach, ob nicht doch etwas gegen die Zustände bei der
Länderbank darin stehe ... Nun wollen wir sehen, wie lange
das so weiter geht. Ich sage, daß der einzige öffentliche Übel-
stand, den noch aufzudecken sich lohnt, die Dummheit des
Publikums ist. Das Publikum wünscht so allgemeine Themen
nicht und schickt mir Affären ins Aus. Aber wie selten ist es,
daß das Interesse der Skandalsucht mit meinen separatistischen
Bestrebungen zusammentrifft! Wenns einen Fall Riehl gibt,
verzieht mir das Publikum die Gedanken, die ich mir dazu ma-
che, und freut sich, daß es einen Fall Riehl gibt. Es ist ein
schmerzliches Gefühl, eine Wohltat nicht zu verdienen; aber es
ist geradezu tragisch, sein eigener Parasit zu sein.
Denn das ist es ja eben, daß von meinem Wachstum, welches
die Reihen meiner Anhänger so stark gelichtet hat, die Zahl
meiner Leser im Durchschnitt nicht berührt wurde, und daß
ich zwar kein guter Geschäftsmann bin, solange ich die
,Fackel' bewahre, aber gewiß ein schlechter, wenn ich sie im
Überdruß hinwerfe. Ziehe ich es vor, kein guter zu sein, so
wird noch weniger als Gewinnsucht die Lust der Beweggrund
sein, diesen Kunden zu gefallen. Sie mögen sich vermindern. In
Tabakgeschäften neben dem Kleinen Witzblatt liegen zu müs-
sen und neben all dem tristen Pack, das mit talentlosen Enthül-
lergebärden auf den Käufer wartet, es wird immer härter und
es ist eine Schmach unseres Geisteslebens, an der ich nicht all-
zulange mehr Teil haben möchte. Um den wenigen, die es an-
100
ich mir dergleichen nicht zugetraut hätte; aber ich blieb dabei,
Aphorismen zu sagen, wo ich Zustände enthüllen sollte. So
schmarotze ich nur mehr an einem alten Renommee. Glaubt
einer, daß es auf die Dauer ein angenehmes Bewußtsein ist?
Nun, ich wollte den Lesern helfen und ihnen den Weg zeigen,
der zur Entschädigung für den Ausfall an Sensationen führt.
Ich wollte sie zu einem Verständnis für die Angelegenheiten
der deutschen Sprache erziehen, zu jener Höhe, auf der man
das geschriebene Wort als die naturnotwendige Verkörperung
des Gedankens und nicht bloß als die gesellschaftspflichtige
Hülle der Meinung begreift. Ich wollte sie entjournalisieren.
Ich riet ihnen, meine Arbeiten zweimal zu lesen, damit sie auch
etwas davon haben. Sie waren entrüstet und sahen im nächsten
Heft nach, ob nicht doch etwas gegen die Zustände bei der
Länderbank darin stehe ... Nun wollen wir sehen, wie lange
das so weiter geht. Ich sage, daß der einzige öffentliche Übel-
stand, den noch aufzudecken sich lohnt, die Dummheit des
Publikums ist. Das Publikum wünscht so allgemeine Themen
nicht und schickt mir Affären ins Aus. Aber wie selten ist es,
daß das Interesse der Skandalsucht mit meinen separatistischen
Bestrebungen zusammentrifft! Wenns einen Fall Riehl gibt,
verzieht mir das Publikum die Gedanken, die ich mir dazu ma-
che, und freut sich, daß es einen Fall Riehl gibt. Es ist ein
schmerzliches Gefühl, eine Wohltat nicht zu verdienen; aber es
ist geradezu tragisch, sein eigener Parasit zu sein.
Denn das ist es ja eben, daß von meinem Wachstum, welches
die Reihen meiner Anhänger so stark gelichtet hat, die Zahl
meiner Leser im Durchschnitt nicht berührt wurde, und daß
ich zwar kein guter Geschäftsmann bin, solange ich die
,Fackel' bewahre, aber gewiß ein schlechter, wenn ich sie im
Überdruß hinwerfe. Ziehe ich es vor, kein guter zu sein, so
wird noch weniger als Gewinnsucht die Lust der Beweggrund
sein, diesen Kunden zu gefallen. Sie mögen sich vermindern. In
Tabakgeschäften neben dem Kleinen Witzblatt liegen zu müs-
sen und neben all dem tristen Pack, das mit talentlosen Enthül-
lergebärden auf den Käufer wartet, es wird immer härter und
es ist eine Schmach unseres Geisteslebens, an der ich nicht all-
zulange mehr Teil haben möchte. Um den wenigen, die es an-
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