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Harth, Dietrich [Hrsg.]
Finale!: das kleine Buch vom Weltuntergang — München, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.2939#0202

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kann man in der Tat kaum an eine gemeinsame menschliche
Anstrengung zugunsten des Überlebens glauben. Doch an-
dererseits vollzieht sich heute weltweit ein außergewöhnli-
cher, beispielloser Bewußtseinswandel. Immer mehr Men-
schen erkennen die Zerstörungskraft der Atomwaffen, verur-
teilen sie und fordern ihre radikale Abschaffung. Bei ihren
Protesten geht es um die kollektiven Menschenrechte, erstens
als Spezies ohne Angst vor nuklearen Katastrophen und Zu-
kunftslosigkeit zu überleben und zweitens, von den nuklearen
Hohepriestern - die letzten Endes über Leben und Tod ent-
scheiden - eine Mitbestimmung über das eigene Schicksal
einzufordern, in den Vereinigten Staaten etwa durch die Rück-
kehr zu Jeffersons Prinzipien der Demokratie.

Dieser Kampf mobilisiert die unterschiedlichsten Fähigkei-
ten. Neue Ideen für den Umgang mit unerhörten Bedrohungen
setzen nicht nur Phantasie und strenge Reflexion voraus, son-
dern auch Leidenschaft, vielleicht sogar im Sinne des traditio-
nellen Kämpfergeistes, aber bezogen auf militante Aktionen
gegen die nukleare Bedrohung, für Gewaltlosigkeit und für das
menschliche Überleben. Doch vor allem brauchen wir ein
Ethos des Heilens, um immer mehr Menschen in den Kampf
einzubeziehen und ihre Einstellungen und Maßnahmen an
lebensfreundlichen Zielen zu orientieren.

Das menschliche Bedürfnis, sich eine Zukunft vorzustellen,
gibt diesem Protest starke psychobiologische Impulse, trug so-
gar sehr zur evolutionären Entwicklung unserer Spezies bei.
Die ausgemalte Zukunft ist ein zentrales Element der Mensch-
werdung und liegt dem Bemühen zugrunde, das Leben des
Kollektivs zu retten.

Im Hinblick auf die menschliche Zukunft ist weder Optimis-
mus noch Pessimismus angezeigt, sondern vielmehr Hoffnung:
ein begehrlich und lebendig vorausblickender Sinn für das Mög-
liche. Die Hoffnung ist zwar psychisch notwendig und theolo-
gisch wünschenswert, muß aber gepflegt und bestärkt werden.
5. Wir sehen im Kampf gegen die Nuklearideologie - mit der
wir uns von Kernwaffen abhängig machen und sie sogar an-
beten - eine Quelle der Lebenskraft.

Psychologisch gesehen begründet die Nuklearideologie eine
so enge Bindung an die Waffen, daß man sich in puncto Schutz

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