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von Semper, Kugler, Hermann, Letronne, Raoul-Rochettc, etc. 311
Zwar machte Millin * *) auf die sichtbaren Farbenreste an
der durch Choiseul Gouffier ins Pariser Museum gebrachten Platte
Ton dem Friese des Parthenon aufmerksam, und Dodwell **)
machte dieselbe Beobachtung an den Sculpturen des Theseus-
Tempels: allein diese Beobachtungen waren zu vereinzelt, und
Standen mit den über griechische Kunst herrschenden Ideen in
so directem Widerspruch, dafs man sich eher entschliefsen konn-
te, diese Färbung barbarischen Händen zuzuschreiben, als die
Künstler des Perikleischen Zeitalters solcher Geschmacklosigkeit
fähig zu glauben. Inzwischen aber brachten die vielseitigen For-
schungen über griechische Kunst, welche im Laufe unsers Jahr-
hunderts in Griechenland, Unteritalien und Sicilien angestellt wur-
den, dasselbe Phänomen auf so verschiedenen Punkten, in Bassae
in Arkadien, auf der Insel Aegina, in Selinunt in Sicilien und an
mehrern andern Orten zum Vorschein , bei Bildwerken , von de-
nen man mit Sicherheit annehmen konnte, dafs sie die ganze Zeit
der Barbarei hindurch im schützenden Schoofse der Erde verbor-
gen gelegen haben, dafs man nicht umhin konnte, der Sache mehr
Aufmerksamkeit zu schenken. Gleichzeitig mit diesen Entdeckun-
gen kam ein tiefer Kenner der alten Kunst auf dem Wege der
Speculation zu demselben Resultate. Die Betrachtung des hohen
Werthes, den die Griechen in der schönsten Epoche ihrer Kunst
auf die aus Gold und Elfenbein zusammengesetzten Statuen leg-
ten, führte Quatremere de Quincy zu allgemeinen Forschungen
über die farbige Sculptur der Griechen , die er i8i5 in seinem
Jupiter Olympien bekannt machte. Nun erst, nachdem man durch
Theorie und Erfahrung mit der Idee von Bemalung der Statuen
vertrauter geworden war, fieng man an, bei längst bekannten
Bildwerken auf eine Zuthat zu merken, vor der man lange Zeit
mit einer gewissen heiligen Scheu die Augen verschlossen hatte.
Die Diana von Versailles, die Venus von Arles, die Pallas von
Velletri, die Vestalin von Versailles, die Amazone des Vatikans,
Orest und Electra in Villa Ludovisi, die Mediceische Venus, vor
eilen aber die schon erwähnte Diana von Herculanum im alt-grie-
chischen Styl, und verschiedene andere Statuen, die Herr Kugler
p. 62 sqq. mit grofser Präcision aufzählt, zeigen an Haaren, Au-
gen oder Gewändern unverkennbare Spuren ehemaliger Bemalung.

*) Monum. ine'd. T. II. p. 48.
*0 Alcuni Bassirilievi della Grecia, Rom. 1812. p. VI.
 
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